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MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
Franz von Sickingen seinem Ende zugeneigt. Nachdem den Winter
über der Krieg in einzelnen Raubzügen und kleineren Gefechten ver-
laufen war13, schritten die Fürsten im Frühjahr des Jahres 1523 zur
Belagerung des Landstuhls14. Die Hauptsorge der Fürsten mußte sein,
Franz von Sickingen von jeder Zufuhr abzuschneiden. Als geheime
Bundesgenossen Sickingens galten die freien Reichsstädte des Elsasses.
Straßburg war der Beihilfe verdächtig, da es Sickingen Geld geliehen
und erlaubt hatte, daß Söldner Sickingens auf Straßburger Gebiet
den Rhein überschritten; in Weißenburg waren die Söldner Sickingens
aus- und eingegangen. Der Plan Sickingens, mit den geistlichen Herr-
schaften aufzuräumen, wird gerade hier viel Sympathie gefunden haben13.
Um die Städte abzuschrecken, erließen die vereinigten Fürsten im
Feldlager vor Landstuhl ein Schreiben an die elsässischen Städte, in
dem sie ausdrücklich vor jeder Hilfe an Sickingen, vor allem vor
Werbungen zugunsten Sickingens warnten. Unter diesen Städten war
auch Weißenburg16. Als am 7. Mai der Landstuhl gefallen war17, be-
schlossen die Fürsten, die Ritterburgen im Wasgau zu zerstören18. Der
Krieg zog sich damit in die unmittelbare Nachbarschaft Weißenburgs 19
Die Anwesenheit Bucers und seine Predigt mußten nun den Rat der Stadt
auch politisch belasten. Bucers Beziehungen zu Sickingen, die Tatsache,
daß Bucer im Dienst Sickingens Reisen unternommen hatte, war all-
gemein bekannt. Die Gefahr, daß Bucers Aufenthalt die Stadt Weißen-
burg in ein zweideutiges Licht setzte, lag auf der Hand. Zudem hatte
sich Bischof Georg von Speyer auf die Seite der verbündeten Fürsten
geschlagen20 und benutzte die Gelegenheit, gegen den der Ketzerei
Verdächtigen mit Gewalt vorzugehen. In dieser Lage glaubte der Rat,
es nicht verantworten zu können, Bucer und Motherer länger in der
Stadt zu behalten. Er bat die beiden, um der Sicherheit der Stadt willen
Weißenburg zu verlassen. Bucer und Motherer verließen daraufhin um
den 10. 5.21 ohne Wissen des Volkes, das sich von seinen Predigern
13. Ulmann, S. 318ff. 14. Ebd., S. 369fr.
15. Im Schlettenbacher Vertrag (s. unten, Anm. 23) wird der Stadt Weißenburg
vorgehalten, daß die Anhänger Franz von Sickingens in der Stadt aus- und eingeritten,
geherbergt und gespeist seien und von den Bürgern dem Ritter Hilfe und Beistand
geleistet sei. Ernst Münch: Franz von Sickingen III. 1829. S. 76.
16. Ulmann, S. 375, Anm. 2, und S. 386; Pol. Cor., S. 68, Anm. 4.
17. Ulmann, S. 376ff. Am 6. Mai wurde die Kapitulation abgeschlossen, am 7. Mai
ließen die Fürsten die Feste in Besitz nehmen.
18. Ebd., S. 388fr. 19. Ebd., S. 386b 20. Ebd., S. 339.
21. Das genaue Datum der Abreise ist nicht bekannt. Es ist aus folgenden Angaben
B.s zu erschließen:
a) B. forderte seine Gegner auf, am 8. April zu einer Disputation zu erscheinen.
Als diese nicht erschienen, hat er »lenger dann ein monat« in Weißenburg auf sie
gewartet (Summary, S. 146, Z. 2).
MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
Franz von Sickingen seinem Ende zugeneigt. Nachdem den Winter
über der Krieg in einzelnen Raubzügen und kleineren Gefechten ver-
laufen war13, schritten die Fürsten im Frühjahr des Jahres 1523 zur
Belagerung des Landstuhls14. Die Hauptsorge der Fürsten mußte sein,
Franz von Sickingen von jeder Zufuhr abzuschneiden. Als geheime
Bundesgenossen Sickingens galten die freien Reichsstädte des Elsasses.
Straßburg war der Beihilfe verdächtig, da es Sickingen Geld geliehen
und erlaubt hatte, daß Söldner Sickingens auf Straßburger Gebiet
den Rhein überschritten; in Weißenburg waren die Söldner Sickingens
aus- und eingegangen. Der Plan Sickingens, mit den geistlichen Herr-
schaften aufzuräumen, wird gerade hier viel Sympathie gefunden haben13.
Um die Städte abzuschrecken, erließen die vereinigten Fürsten im
Feldlager vor Landstuhl ein Schreiben an die elsässischen Städte, in
dem sie ausdrücklich vor jeder Hilfe an Sickingen, vor allem vor
Werbungen zugunsten Sickingens warnten. Unter diesen Städten war
auch Weißenburg16. Als am 7. Mai der Landstuhl gefallen war17, be-
schlossen die Fürsten, die Ritterburgen im Wasgau zu zerstören18. Der
Krieg zog sich damit in die unmittelbare Nachbarschaft Weißenburgs 19
Die Anwesenheit Bucers und seine Predigt mußten nun den Rat der Stadt
auch politisch belasten. Bucers Beziehungen zu Sickingen, die Tatsache,
daß Bucer im Dienst Sickingens Reisen unternommen hatte, war all-
gemein bekannt. Die Gefahr, daß Bucers Aufenthalt die Stadt Weißen-
burg in ein zweideutiges Licht setzte, lag auf der Hand. Zudem hatte
sich Bischof Georg von Speyer auf die Seite der verbündeten Fürsten
geschlagen20 und benutzte die Gelegenheit, gegen den der Ketzerei
Verdächtigen mit Gewalt vorzugehen. In dieser Lage glaubte der Rat,
es nicht verantworten zu können, Bucer und Motherer länger in der
Stadt zu behalten. Er bat die beiden, um der Sicherheit der Stadt willen
Weißenburg zu verlassen. Bucer und Motherer verließen daraufhin um
den 10. 5.21 ohne Wissen des Volkes, das sich von seinen Predigern
13. Ulmann, S. 318ff. 14. Ebd., S. 369fr.
15. Im Schlettenbacher Vertrag (s. unten, Anm. 23) wird der Stadt Weißenburg
vorgehalten, daß die Anhänger Franz von Sickingens in der Stadt aus- und eingeritten,
geherbergt und gespeist seien und von den Bürgern dem Ritter Hilfe und Beistand
geleistet sei. Ernst Münch: Franz von Sickingen III. 1829. S. 76.
16. Ulmann, S. 375, Anm. 2, und S. 386; Pol. Cor., S. 68, Anm. 4.
17. Ulmann, S. 376ff. Am 6. Mai wurde die Kapitulation abgeschlossen, am 7. Mai
ließen die Fürsten die Feste in Besitz nehmen.
18. Ebd., S. 388fr. 19. Ebd., S. 386b 20. Ebd., S. 339.
21. Das genaue Datum der Abreise ist nicht bekannt. Es ist aus folgenden Angaben
B.s zu erschließen:
a) B. forderte seine Gegner auf, am 8. April zu einer Disputation zu erscheinen.
Als diese nicht erschienen, hat er »lenger dann ein monat« in Weißenburg auf sie
gewartet (Summary, S. 146, Z. 2).