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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0089
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SUMMARY

85

Gnad, die schrifft zu verston, würt den einfeltigen und demütigen
verluhen und den klügen und stoltzen entzogen.

Darumb, allerliebsten, so habent gut acht uff alle lere und predig, so
eüch fürtragen würt. Ir habents macht, befelch und vermögents durch
5 den heylgen geist, den ir als gewisß habt, als gewisß ir glaubt und
Christi seind. Alles was eüch anders lernet, dann das Jhesus Christus
allein der sey, der sein volck von iren sünden seligmachet45, | und sein
volck seind alle, die ym von hertzen glauben, das haltent on allen
zweiffel für teüffelisch und antichristische leer. Lesent ewere Evangelia
10 Matthei und neüwe Testament und was ir mer von göttlicher schrifft
haben mügent. Bitten gott den vatter durch Christum unsern heyland
umb sein gnad und erleüchtung und das mit vestem glauben, so werdent
irs erlangen und alles, was eüch not und nütz zu wissen, genugsam
lernen46. Der geist gottes ruget uff den demütigen und hat ein gnädigs
15 uffsehen über den armen, der ein zerknitzsten47 geist hat und erzittert
ab48 dem wort gottes. Ob ir schon nit pfaffen oder münch seyt, kein
latin künnen, tag und nacht müsßt arbeiten, Jhesus unser heyland was
auch ein ley, vor den würdigen und geistlichen der welt ungelert und
ein zymmerman49. Paulus arbeitet auch tag und nacht, domit er niemant
20 beschwärlich wer. Die heilgen ertzvätter und etlich propheten seind
gut, schlecht hyrten gewesen, noch hat der geist gottes reychlich mit
sein höchsten goben in ynen gewonet. Also würt eüch on zweifel auch
widerfaren, so ir nur umb solchen geist den vatter mit begyrigem und
gleübigem gemüt bitten werdent. Also hat auß dem geist gesungen die
25 hochwirdig junckfraw Maria: Die hungerigen hat er mit gutem erfüllet und
die reichen lär gelassen. Tröst eüch, das er gesagt hat: Ich bin kummen in die
welt ein liecht, uff das, wer an mich glaubt, nit im fünsternüß beleib.
Ich bin zum gericht uff dise welt kummen, uff das die do nit sehen, sehendt
werden, und die do sehent, blind werden. Ir sehent, das blind und
30 doll worden seind, die sich selb für lyechter der welt dargeben und auch
darfür gehalten werden. So man mit göttlicher schrifft an sye kumpt,
als eüwer vil selb erfaren haben, wissen sye minder dann ein kind,
reden und handlen so ungeschickt, das | nieman zweifflen mag, sye
seyen unsinnig und wandschellig50 51. Secht ir, das ist das urteil, zu
35 welchem unser heyland uff die welt kummen ist, als er auch an andern

VI

B 1 b

Esa. Ixvi. [2]

Lucae i. [53]
Io. xii. [46]
et ix. [39]

B 2 a

45. Vgl. Mt 1,21.
46. Vgl. den Aufruf des Erasmus zur Bibellektüre, Holborn 142,10-143,21 (Para-
clesis).
47. Zerschlagen. 48. Vor.
49. Ein Gemeinplatz der Flugschriften der Zeit, vgl. Kropatscbek, a.a.O., S. 159f.
50. Rasend; nur bei B. belegt, vgl. Grimm XIII, 1738.
51. Vgl. Erasmus, Holborn, 193,10-23 (Ratio seu Methodus).
 
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