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MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
thürck möchte meyneydig oder gelübdbrüchig gescholten werden von
christen, der in seinem unglauben gott gelobt het, sein leben lang ein
thürck oder jud zu bleiben und würd doch darüber ein christen54.
Also will ich hoffen den guthertzigen und die glauben, das das gots-
wort für der menschen wort billch gehalten werden soll, hab ich gnug 5
C 4 b geantwort uff die zwen ersten artickel, das | mich etlich ein verloffen
münch schelten und an gott gelübdbrüchig und meyneydig. Dann ich
vor gott nye kein münch oder ordensman gewesen bin, wie das auch
frumm, erbar und geleert leüt erkant haben. Und ob ich schon einer
gewesen wer, das ist, mit freyem willen ein solchen standt gelobet het, 10
so bin ich doch schuldig gewesen auß der ersten pflicht, die ich gott im
tauff gethon hab, solche clostergelübd und closterleben zu verlasßen.
dann ichs gewißlich erkant und erfaren hab, das es wider gott ist. Darum,
wer mich deßhalb meyneydig schylt, der zeygt sich selb an gott seinem
herren meyneydig sein, des dyenst er fürdern solt, so verdampt er in 15
und schylt, die sich in den begeben, hebt, als vil an im ist, die menschen
über gott, macht böß, das gut ist, und gut das böß, wolt gern mit dem
teüfel zerstreüwen, so er gelobt hat, mit Christo zu samlen.
Weyter zu gefallen der guthertzigen will ich noch eins verantworten,
das die widersächer fürwerffen und sagen. Ist das closterleben und ire 20
gelübd so ein gottloß, glaubloß und sündtlich ding, wie habens dann
die heiligen vätter als Franciscus, Dominicus und andere angericht55 ?
Der vätter leben. Zum ersten, lieben freünd, haben kein zweyfel, in iren synn ist nye
kummen, ein solch ungötlich leben anzurichten. das weisß ich auß iren
eygen hystorien56 zu beweisen. Zum andern, ob sye schon uff etlich 25
menschlich ordenung höher gehalten haben dann billich, so denck,
das der herr vor gesagt hat, das solch irrthumb uff erdtrich kummen
werd, das auch die erwölten verfürt werden. Math, xxiiii [24]. Sye seind
Gallat. ii. [11-21] menschen gewesen und haben an vil dingen geirret. Irrte doch sant
Peter zu Antiochia in anstellung ausßerlichs brauchs der speisen, das 30
in sanct Paulus offentlich vor allen muste straffen57. Dann durch yn
auch Barnabas, der theür apostel, verfürt ward. Zum dritten denck
D 1 a man | als mer also: Christus und seine heiligen apostel seind wol als
fleisßig gewesen uns alles guts zu leren, als kein Franciscus noch
Dominicus, und haben doch mit einem wort nit gedocht, eins solchen 35
closterlebens, ja haben wol darvon geweissagt und verkündigt, das vom
54. Zur Juden- und Türkenmission vgl. Holl III, 236, und W. Holsten, ThStKr.
107 (1936), 105 ff.
55. Franciscus und Dominicus werden von B. entschuldigt. Vgl. auch Allen II,
308, 606-613) Erasmus an Grunnius, August 1516). Luther urteilte strenger; vgl.
WA 8, 579 und 587f. (De votis monasticis).
56. Unter »eygen historien« versteht B. die Heiligenviten.
57. Vgl. Luther zu Gal 2, 11-14, WA 2, 483, 32-488, 31, und Holl III, 134-146.
MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
thürck möchte meyneydig oder gelübdbrüchig gescholten werden von
christen, der in seinem unglauben gott gelobt het, sein leben lang ein
thürck oder jud zu bleiben und würd doch darüber ein christen54.
Also will ich hoffen den guthertzigen und die glauben, das das gots-
wort für der menschen wort billch gehalten werden soll, hab ich gnug 5
C 4 b geantwort uff die zwen ersten artickel, das | mich etlich ein verloffen
münch schelten und an gott gelübdbrüchig und meyneydig. Dann ich
vor gott nye kein münch oder ordensman gewesen bin, wie das auch
frumm, erbar und geleert leüt erkant haben. Und ob ich schon einer
gewesen wer, das ist, mit freyem willen ein solchen standt gelobet het, 10
so bin ich doch schuldig gewesen auß der ersten pflicht, die ich gott im
tauff gethon hab, solche clostergelübd und closterleben zu verlasßen.
dann ichs gewißlich erkant und erfaren hab, das es wider gott ist. Darum,
wer mich deßhalb meyneydig schylt, der zeygt sich selb an gott seinem
herren meyneydig sein, des dyenst er fürdern solt, so verdampt er in 15
und schylt, die sich in den begeben, hebt, als vil an im ist, die menschen
über gott, macht böß, das gut ist, und gut das böß, wolt gern mit dem
teüfel zerstreüwen, so er gelobt hat, mit Christo zu samlen.
Weyter zu gefallen der guthertzigen will ich noch eins verantworten,
das die widersächer fürwerffen und sagen. Ist das closterleben und ire 20
gelübd so ein gottloß, glaubloß und sündtlich ding, wie habens dann
die heiligen vätter als Franciscus, Dominicus und andere angericht55 ?
Der vätter leben. Zum ersten, lieben freünd, haben kein zweyfel, in iren synn ist nye
kummen, ein solch ungötlich leben anzurichten. das weisß ich auß iren
eygen hystorien56 zu beweisen. Zum andern, ob sye schon uff etlich 25
menschlich ordenung höher gehalten haben dann billich, so denck,
das der herr vor gesagt hat, das solch irrthumb uff erdtrich kummen
werd, das auch die erwölten verfürt werden. Math, xxiiii [24]. Sye seind
Gallat. ii. [11-21] menschen gewesen und haben an vil dingen geirret. Irrte doch sant
Peter zu Antiochia in anstellung ausßerlichs brauchs der speisen, das 30
in sanct Paulus offentlich vor allen muste straffen57. Dann durch yn
auch Barnabas, der theür apostel, verfürt ward. Zum dritten denck
D 1 a man | als mer also: Christus und seine heiligen apostel seind wol als
fleisßig gewesen uns alles guts zu leren, als kein Franciscus noch
Dominicus, und haben doch mit einem wort nit gedocht, eins solchen 35
closterlebens, ja haben wol darvon geweissagt und verkündigt, das vom
54. Zur Juden- und Türkenmission vgl. Holl III, 236, und W. Holsten, ThStKr.
107 (1936), 105 ff.
55. Franciscus und Dominicus werden von B. entschuldigt. Vgl. auch Allen II,
308, 606-613) Erasmus an Grunnius, August 1516). Luther urteilte strenger; vgl.
WA 8, 579 und 587f. (De votis monasticis).
56. Unter »eygen historien« versteht B. die Heiligenviten.
57. Vgl. Luther zu Gal 2, 11-14, WA 2, 483, 32-488, 31, und Holl III, 134-146.