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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0201
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GRUND UND URSACH

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auch hingeben hat, und diß ist warlich und Christlich betten, fasten und
almusen geben, ja es ist die einige rechte buß13, die ein jeder Christ sein
leben lang üben sol, bereyt, alles zu leyden und dulden, so im gott zu
leiden zufüget. Also stirbt er den sünden ab und würt in im der tauff
Christi volendet, also bedenckt er und beweyst an im selb den todt
Christi, welche gedechtnuß zu fürdern und stercken, er auch das nachtmal
des herren haltet und weiß, das durch blosses beysein der Mess, oder
so er die verdinget, nichts wider die sünd auffgericht oder verdient wer-
den mag. Dermassen halt es sich umb ein woren Christen, und solche
frucht bringt der glaub, wo er ist, diß leret alle götliche gschrifft, diß
predigen, welche das gotswort und Evangelion predigen, ja, G.H., diß
ist die ungehörte, aller schedlichste, vergifftigste ketzerey14, die alle gute
satzung und ordnung abthut, gehorsam, frid und einigkeit zertrennet
und zerstöret, wider die unsere | genanten geistlichen prelaten, alle A3b
fürsten und herren zu bewegen underston. Do soll man wider handlen
mitt eysen, wasser und fewer, me dann wider die Thürcken und die
ergsten feynd gottes, so je auff erden komen seind. Aber solche un-
sinnigkeit ist kein newes Christo, unserm herren, der eben solichs
prediget und dazu das aller heyligest leben füret, mer, mit so grossen
und vil wunderzeichen sein thun und leer bestetiget, haben ire vorfaren,
die phariseer und schrifftgelerten, auch also thon, wie dann zuvor auch
allen propheten und hernaher allen aposteln und so von anfang der welt
die worheit je gelert haben, von deren gleichen beschehen ist. Die welt
kan anders nit, sye hasset und verfolget Christum und wer mit im wil
zu thun haben15.
E.F.G. hat bey so vilen genanten geistlichen, prelaten, Cardinälen,
Bischoffen, Epten und andern gewonet und ir kundt16 gehabt, das weis
ich aber, das sye gott bittet, das er sye behütte vor der geistlicheytI7,
so sye bey dem grössern teil derselbigen geistlichen vätter gesehen hat.
Dann mer prachts und üppikeit bei den aller weltlichsten fürsten nit
gefunden würt als bey denen, die der höchsten heiligkeit, deren man
auch die füß küssen muß, am nechsten gehalten werden. Nun hat
Christus einmal geredt und würt nit anders künden sein: wer nit mitt
mir ist, spricht er, ist wider mich, wer nit mit mir samlet, der zerstrewet
[Mt 12,30]. So seind nun unsere genanten geistlichen junckern mit
Christo dran wie die wölff mit den schaffen und samlen mit im, wie

13. Auch im Verständnis der rechten Buße schließt sich B. an Luther an. Vgl. WA
I,53of. (Resolutiones disputationum de indulgentiarum virtutete, 1518); WA 6,543fr.
(De captivitate, 1520).
14. Ketzerei müßte hier in Anführungsstriche gesetzt werden. Es ist eine »Un-
sinnigkeit« (Z. 17-18), die Predigt des Evangeliums als Ketzerei auszugeben.
15. Vgl. Jo 15,18-19. 16. Kenntnis.
17. Geistlichkeit ist hier ironisch gemeint.
 
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