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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0203
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GRUND UND URSACH

199

an das liecht, das sein werck offenbar werden, denn sye seind in gott gethan. Jo. 3
[20-21]. Sye haben doch sovil hochgelerter doctores in samat und
Scharlach bekleidet, die gantzen hohen schulen seind doch mit inen dran,
ist ir ding so gerecht und das wir predigen so ungerecht, warumb
5 kummen sye nit ans liecht; die geschrifft gottes ist allen gläubigen ge-
schriben20, so haben alle gläubigen den geist Christi, durch den man
die schrifft verstehet; so neme man die schrifft für die handt, zeig yedes
theil an sein ler und thun, so werden alle Christen wol sehen, wie gemeß
oder ungemeß der schrifft jeder theil handle21. Von solcher verhör und
10 urteil dörffen sye E.F.G. sampt andern fürsten und obern, die sye weltlich
heissen, keinswegs als untöglich und die sich des handels nit verstanden,
verwerffen, dann warlich nieman götlicher sachen weniger Verstands
hat dann eben sye, das doch offenbar ist, und niemant leücken mag; und
alle gläubigen künden und sollen alle ding, so den glauben und gots-
15 dienst belangen, erkennen, örtern und urteilen. Dann gott seinen
gläubigen allein sein schrifft geben hat, und so richtet auch der geistlich
alle ding. 1. Cor. 2 [15]. wer dann den geist Christi nit hat, der ist auch nit
sein. Ro. 8 [9]. Mer soll menigklich gotgleübig sein, so muß auch
meniklich wissen, was das wort gottes sey, dem dann allein zu glauben
20 ist. Deßhalb so wider die natur auch ist, etwas unverhörts verdammen,
und Christus selbs sagt, das alle seine schefflin sein stym kennen22, auch
die alten allerbesten Concilien von keysern beschriben23 und in irem
und irer gewalthaber beysein gehalten seind, sol E.F.G. dahin sich
nimer bereden lassen, beyzuston denen, die unver | hört über so über- B 1 a
25 flüssigs recht erbieten, verdammen und vertilcken wöllen alle, so nit
nach gefallen der genanten geistlichen predigen, und inen kein richter
dann sich selb zuloßen. Dann wider alle natürlich billikeit ists, Christum
nit anders predigen lassen und alle, so in anders predigen, unverhört
verdammen, denn eben die wöllen, die sich mitt allem irem thun be-
30 weisen abgesagte feind Christi.
Es mag sye auch nit helffen, das sye alzeit fürwerffen, unsere predig
und leer sey zu Costentz in gemeinem Concili von allen stenden des
Reichs verdammet24, man künde nit einem jeden ein eigen Concili

20. Die Schrift ist nur den Gläubigen gegeben, da nur sie die Voraussetzung mit-
bringen zu ihrem Verständnis.
21. B. tritt für öffentliche Disputation ein, wie sie der Rat in Straßburg des öfteren
vorgeschlagen und wie sie in Zürich gehalten worden sind. Er denkt aber auch an
ein »frei christlich Concilium«.
22. Vgl. Jo 10,4. Zwingli über dieses Wort vgl. J. Staedtke: »... die ihres Hirten
Stimme hört«. Zur Geschichte eines theologischen Motivs. Ev. Theologie 1/2, 1958,
S. 68-75. Vgl- CR Zw 3, 168,6ff., und II, 31,17ff.
23. Ausgeschrieben.
24. Zur Verurteilung von Jan Hus vgl. Mirbt Nr. 396, S. 230f.
 
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