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MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
Sye aber, die genanten geistlichen, so sye geistlich und Apostolisch sein
wolten, solten wie Christus, unser herr, dienen und nit herschen, wie er
dann im nit hat dienen lassen, sonder uns gedient und sein seel zu einer
erlösung geben für vil30 und zu sein jüngern gesagt: die weltlichen fürsten
herschen und die oberherren faren mit gewalt, also sol es nit sein under eüch,
sonder so jeman wil under eüch gewaltig sein geachtet, der sey ewer diener und
were do wil der fürnemest sein, der sey ewer knecht Math. 20 [25-27]. Nun
aber, so lassen sye den dienst götlichs worts faren und faren mit gewalt
über alle von gott eingesetzte oberkeiten und gewalthaber, ja wie
Petrus von inen geweissaget hat31, wandlen nach dem fleisch in der lust
der unsauberkeit, verachten die herschafften, seind türstig, halten hoch
von in selb und zittern nit, die majesteten zu lestern. Darumb seind sye
dieselbigen, die götlich ordnung und gehorsam aufflösen und alle ober-
keiten zerstören nach allem irem mutwillen, so das wort gottes meniklich,
beschoren und unbeschoren, leret, den fürstenthumben und gewaltigen
underthan sein und der oberkeit gehorchen.
Yetzund allhie zu Straßburg, so umb fridlicher beywonung und
Christlicher einigkeit willen ein Ersamer Rath, meine gnedigen herrn,
an den genanten geistlichen hauffen gesunnen hat in burgerliche einig-
keit und pflicht, wie ander einwoner, edel und unedel, sich zu begeben32,
findt man under inen, die auß dörffen geben, solchs wer inen an iren
eyd und eren abbrüchlich, gleich alsob sye ire eyd verbinden und ir
eer wer, denen, bey welchen sye wonen, ja von welchen sye hie seind,
ire narung haben und zum teil dem geblüt nach ire verwanten seind,
weder trew noch hold zu sein, noch auch | Christlichen und zur erbarkeit
dienstlichen und nötigen gebotten und verbotten zu gehorsamen. Dann
burgerliche pflicht und verbündtnuß, so inen angemutet, weitters nit
fordert. Bochen vil auff ire freyheiten, inen von künigen und keisern
geben, so doch kundtlich, das solche nur geistlichen, heiligen vättern
geben seind, auff das sye dem dienst götlichs worts dester freyer möchten
nachkummen, und keinswegs eim solchen losen, fägen33d gesind, das
einer oberkeit und nur einer scharffen notürfftiger were, dann nit bald
ein volck uff erden, wie man augenscheynlich sicht. Man besehe ire
freyheitsbriefe, ja alle ire alten donationes, so würt man finden, das vil
andern leüten solche geben seind, welchen unser genanter geistlicher
hauff als gleich ist, als dem Abraham die phariseer gleich waren, die
Jesum creützigten.
d) feygen B.
30. Mt 20,28. 31. 2 Petr 2,10.
32. Der Magistrat von Straßburg fordert seit April 1523, daß die Geistlichen das
Bürgerrecht erwerben. Vgl. J. Adam, a.a.O., S. 57f.; A.Baum, a.a.O., S. 51ff.
33. Feig.
MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
Sye aber, die genanten geistlichen, so sye geistlich und Apostolisch sein
wolten, solten wie Christus, unser herr, dienen und nit herschen, wie er
dann im nit hat dienen lassen, sonder uns gedient und sein seel zu einer
erlösung geben für vil30 und zu sein jüngern gesagt: die weltlichen fürsten
herschen und die oberherren faren mit gewalt, also sol es nit sein under eüch,
sonder so jeman wil under eüch gewaltig sein geachtet, der sey ewer diener und
were do wil der fürnemest sein, der sey ewer knecht Math. 20 [25-27]. Nun
aber, so lassen sye den dienst götlichs worts faren und faren mit gewalt
über alle von gott eingesetzte oberkeiten und gewalthaber, ja wie
Petrus von inen geweissaget hat31, wandlen nach dem fleisch in der lust
der unsauberkeit, verachten die herschafften, seind türstig, halten hoch
von in selb und zittern nit, die majesteten zu lestern. Darumb seind sye
dieselbigen, die götlich ordnung und gehorsam aufflösen und alle ober-
keiten zerstören nach allem irem mutwillen, so das wort gottes meniklich,
beschoren und unbeschoren, leret, den fürstenthumben und gewaltigen
underthan sein und der oberkeit gehorchen.
Yetzund allhie zu Straßburg, so umb fridlicher beywonung und
Christlicher einigkeit willen ein Ersamer Rath, meine gnedigen herrn,
an den genanten geistlichen hauffen gesunnen hat in burgerliche einig-
keit und pflicht, wie ander einwoner, edel und unedel, sich zu begeben32,
findt man under inen, die auß dörffen geben, solchs wer inen an iren
eyd und eren abbrüchlich, gleich alsob sye ire eyd verbinden und ir
eer wer, denen, bey welchen sye wonen, ja von welchen sye hie seind,
ire narung haben und zum teil dem geblüt nach ire verwanten seind,
weder trew noch hold zu sein, noch auch | Christlichen und zur erbarkeit
dienstlichen und nötigen gebotten und verbotten zu gehorsamen. Dann
burgerliche pflicht und verbündtnuß, so inen angemutet, weitters nit
fordert. Bochen vil auff ire freyheiten, inen von künigen und keisern
geben, so doch kundtlich, das solche nur geistlichen, heiligen vättern
geben seind, auff das sye dem dienst götlichs worts dester freyer möchten
nachkummen, und keinswegs eim solchen losen, fägen33d gesind, das
einer oberkeit und nur einer scharffen notürfftiger were, dann nit bald
ein volck uff erden, wie man augenscheynlich sicht. Man besehe ire
freyheitsbriefe, ja alle ire alten donationes, so würt man finden, das vil
andern leüten solche geben seind, welchen unser genanter geistlicher
hauff als gleich ist, als dem Abraham die phariseer gleich waren, die
Jesum creützigten.
d) feygen B.
30. Mt 20,28. 31. 2 Petr 2,10.
32. Der Magistrat von Straßburg fordert seit April 1523, daß die Geistlichen das
Bürgerrecht erwerben. Vgl. J. Adam, a.a.O., S. 57f.; A.Baum, a.a.O., S. 51ff.
33. Feig.