250 MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
tod Christi zu bedencken. Wölche gedechtnüß in einem jeden gläübigen
hertzen so groß on allen zweifel sein würt, das do kein weyl würt sein mögen,
mit dem brot und weyn sich etwas mer zu bekümern, sonder das gantz
hertz und alle krefft werden dahin geneiget sein, solchen tod als sein
erlösen zu verkünden, preisen und loben, auch dem änlich zu werden
mitt absterbung der sünd und manlicher 140 tragung des creützes141 und
auch hertzlicher lieb gegen allen menschen.
Diß hat der herr gewölt und nit, das wir auff dem leyplichen also
ston bleybend. Dann das der herr sagte: thun das mir zu gedechtnüß, ver-
cleret Paulus mit dem, das er schreibt: so offt ir von disem brot essent und
von disem kelch trinckent, solt ir des herren tod verkünden, bis er kumme
[1 Cor 11,26]; das er die meynung nit hat, als etlich sagen, thun das zu
meiner gedechtnüß, das ist, verwandlen also brot in mein leyb oder
dergleichen. Er hatte geheissen, das brot essen und den kelch trincken,
und dasselbig war, das sye thun solten zu seiner gedechtnüß, wie das
die wort des herren einem jeden, der nit zenckisch sein will, selb clar
genug bezeügen.
Hette solcher wort Christi wöllen recht acht nemen D. Carlstadt,
wurd er ein solchen hader und im merern teyl ein wortstreyt von disen
L 1 a eüsserlichen dingen nit haben angefangen, | sonder mer fleiß ankert,
das er menigklich vom leyplichen auffs geystlich gewisen hette142. Dazu
er auch, als er in der schrifft belesen ist, übrig gnug örter hette haben
mügen und hette eben nit dörffen die wort des herren mit ungegründten
ursachen also zwingen und martern. Als ob der herr, so er spricht:
nemet und esset, das ist mein leyb [1 Cor 11,24], den jüngern wol habe das
brot gepotten und habe aber mit dem wörtlin (das) auff sein natürlichen
leyb gedeütet. Deßhalb das das brot je nit sey gecreützigt für uns.
In den worten, die der herr zum kelch geredt hat, als sye Lucas und
Paulus beschriben haben, mag nit geleücknet werden, das (das), zu
kriechisch tuto, deüte den kelch und nit das leyplich blut des herrn, dann
er spricht das trinckgeschirr oder der kelch, zu kriechisch touto to pothrion,
ist ein new testament in meinem blut [Lc 22,20; 1 Cor 11,25] und ist doch
derselbig becher oder kelch auch nit für uns vergossen. Man weiß wol,
das der einig, wore leyb Christi für uns hingeben und gecreützigt und
das einig, war, leyplich blut einmal für uns vergossen ist und nit brot
noch wein. Darumb aber darff es des nit, das man also den worten
Christi gewalt thue, sonder mer lere, das man das brot esse und den
wein also trincke, das man sich der hyngebung des leybs und bluts
140. Mancherlei.
141. Creütz - Leiden.
142. B.s Kritik an Karlstadts Abendmahlslehre vgl. W. Köhler I, S. 6off., und
Zwinglis Brief an B. (Mitte November 1524), CR Zw 8, S. 245-351.
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tod Christi zu bedencken. Wölche gedechtnüß in einem jeden gläübigen
hertzen so groß on allen zweifel sein würt, das do kein weyl würt sein mögen,
mit dem brot und weyn sich etwas mer zu bekümern, sonder das gantz
hertz und alle krefft werden dahin geneiget sein, solchen tod als sein
erlösen zu verkünden, preisen und loben, auch dem änlich zu werden
mitt absterbung der sünd und manlicher 140 tragung des creützes141 und
auch hertzlicher lieb gegen allen menschen.
Diß hat der herr gewölt und nit, das wir auff dem leyplichen also
ston bleybend. Dann das der herr sagte: thun das mir zu gedechtnüß, ver-
cleret Paulus mit dem, das er schreibt: so offt ir von disem brot essent und
von disem kelch trinckent, solt ir des herren tod verkünden, bis er kumme
[1 Cor 11,26]; das er die meynung nit hat, als etlich sagen, thun das zu
meiner gedechtnüß, das ist, verwandlen also brot in mein leyb oder
dergleichen. Er hatte geheissen, das brot essen und den kelch trincken,
und dasselbig war, das sye thun solten zu seiner gedechtnüß, wie das
die wort des herren einem jeden, der nit zenckisch sein will, selb clar
genug bezeügen.
Hette solcher wort Christi wöllen recht acht nemen D. Carlstadt,
wurd er ein solchen hader und im merern teyl ein wortstreyt von disen
L 1 a eüsserlichen dingen nit haben angefangen, | sonder mer fleiß ankert,
das er menigklich vom leyplichen auffs geystlich gewisen hette142. Dazu
er auch, als er in der schrifft belesen ist, übrig gnug örter hette haben
mügen und hette eben nit dörffen die wort des herren mit ungegründten
ursachen also zwingen und martern. Als ob der herr, so er spricht:
nemet und esset, das ist mein leyb [1 Cor 11,24], den jüngern wol habe das
brot gepotten und habe aber mit dem wörtlin (das) auff sein natürlichen
leyb gedeütet. Deßhalb das das brot je nit sey gecreützigt für uns.
In den worten, die der herr zum kelch geredt hat, als sye Lucas und
Paulus beschriben haben, mag nit geleücknet werden, das (das), zu
kriechisch tuto, deüte den kelch und nit das leyplich blut des herrn, dann
er spricht das trinckgeschirr oder der kelch, zu kriechisch touto to pothrion,
ist ein new testament in meinem blut [Lc 22,20; 1 Cor 11,25] und ist doch
derselbig becher oder kelch auch nit für uns vergossen. Man weiß wol,
das der einig, wore leyb Christi für uns hingeben und gecreützigt und
das einig, war, leyplich blut einmal für uns vergossen ist und nit brot
noch wein. Darumb aber darff es des nit, das man also den worten
Christi gewalt thue, sonder mer lere, das man das brot esse und den
wein also trincke, das man sich der hyngebung des leybs und bluts
140. Mancherlei.
141. Creütz - Leiden.
142. B.s Kritik an Karlstadts Abendmahlslehre vgl. W. Köhler I, S. 6off., und
Zwinglis Brief an B. (Mitte November 1524), CR Zw 8, S. 245-351.
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