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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0270
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266

MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN

Warumb der sontag soll
gefeirt werden.

N 4 b

Wölcher massen auff den
sontag zu feyren.

Dazu so wir sein überal kein wort gottes haben, wie möcht es wol
geraten? Clug ist, der von frembden schaden weyß würt und wir wöllen
durch eigen schaden nit weyß werden. Wir mögen nit leücken, wie übel
es den alten geraten ist, die etlich wenig feyrtag umb deren willen, so
der welt zu vil anhangen, das sye doch auch etwan zu hören das wort 5
gotes verursacht wurden, eingesetzet haben. Und wir erfaren täglich
wie erschrocklichen abruch der teüffel aller frumbkeit und erbarkeit
zuricht auff die feyrtag und noch gefallen wir uns selb alß wol und
dörffen fürgeben, etlich feyrtag halten zu gut dem gesind oder weiß nit
wem möge nutz bringen. 10
Ob aber jemant wolte sagen, so thue man die Sonentag auch abe.
Antwurt: Das folget nit, in zehen gebotten haben wir den sibenden
tag gepotten zu feyren, auff das die dienst und gesind auch ire rug
haben, wie das im andern buch Mose ca. xx [ 8—11] und im v.ca.v
[12-15] gelesen würt; nun solche rug abstricken, mag die lieb nit 15
geleyden, deshalb soll man sechs tag arbeyten, wie des herren gepot
außtruckt und den sibenden rugen. Dieweyl dann ein Christ alweg
ordnung, so wider gott nit seind, lieber haltet, dann das er ordnung
mache, wie er dann allweg mer zu dienen bereyt ist, dann das man im
diene, so ist kein ursach, warumb der sonnentag, den die gemein 20
Christenheit so vil jar für den sibenden tag gefeyrt hat, zu feyren solt
abgestellt werden. Sol man auß siben tagen einen feyren, wie das die
lieb erfordert, so ist der sonnentag als gut als ein anderer, und so man
leyplich dran ruget, ist je geschickte, das man drauff auch Christlich
gemein halte183, übe das wort gottes, gepett und des herren nachtmal. 25
Dazu hat man auff den Sonnetag kein besonder fest und abergläubige
gotsdienst als auff die andern feirtag gehalten. Nachdem aber die feyr |
des Sonnetags auch grewlich mißbraucht worden ist, muß man solichs
durchs wort gottes bey den erwelten184 und durch Christlicher öberkeit
gute ordnung bey dem übrigen hauffen abtreiben, das dann auch auff 30
den einigen Sonnentag zu thun leichter sein würt dann auf so vil
feyrtag.
Also findt sichs, das die bruderlich lieb die feyr des sonnetags erfordert,
der andern feyrtag aber gar nit, sonder dieweyl sye dem nechsten so
schedlich seind, als anzeigt ist, mag sy sye gantz nit dulden, darumb 35
haben wir ursach dise abzustellen, die feyr aber des sonnentags zu halten
und, was mißbreüch sich da eingerissen haben, mit allem fleiß abzu-
stellen. Doch das die lieb, welche dann die sonnentagsfeyr erfordert,
meister sye, dieselbige auch zu lencken und halten, wie es dem nechsten

183. Gemein halten = Gottesdienst halten.
184. Erwelte = Glieder der christlichen Kirche vgl. R. Stupperich: Die Kirche in
M. Bucers theologischer Entwicklung. ARG 1938. S. 85.
 
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