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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0279
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GRUND UND URSACH275
zal gebunden wider die art des gepets und götlichs lobs, das da frey-
willig sein sol.
Nun dieweyl wir wissen, das götliche ding der geist gottes allein
wissen mag, 1. Cor. 2 [10-11], auch das die schrifft gottes alles gutes
5 hat, 2.Timoth. 3 [16], so gebrauchen wir uns in der gemein gots keins
gesangs noch gepets209, das nit auß götlicher schrifft gezogen sey, und
dieweyl, was in der gemein gottes gehandelt würt, jederman in gemein
besserlich sein soll, betten noch singen wir nichs, dann in gemeiner
teütscher sprach, das der ley gemeincklich möge amen sprechen, wie
10 das der geist gottes lernet, 1. Corinth. 14 [16].
Der latinischen sprach, die doch überal nichts guts noch nutzlichs
inhaltet, das nit artlicher und besser in hebreischer unde kriechischer
sprachen verfasset sey, es sey gleich götlichs oder natürlichs und wie
den alten Römern also vil mer den newen Bäpstlichen andere nationen
15 zu blenden und in dienst | barkeit zu bringen und drin halten höchlich
dienet hat, wissen wir die eer nit anzuthun, das mit solcher die gemein
gottes werde auffgehalten und erst auß ir zu verdolmetschen, was den
leyen zu wissen besserlich ist.
Weiter, dieweyl ein schmach gottes ist, nit mit hertzen betten oder
20 singen, lassen wir in der gemein solichs an kein zeyt gebunden noch mitt
einigen satzungen verfasset werden, sonder freywillig am Sonnentag,
so man das nachtmal Christi haltete, würt etwas mit kürtze gebettet
und gesungen, alles auß der schrifft gezogen, wölchs mit seiner ursach
oben anzeigt ist. Desgleichen zu vesperzeyt, seytenmal die leyplich feyr
25 zu besserung des geists braucht werden sol, singet man aber ein psalmen,
zwen oder drey mit einer propheti210, das ist verklerung etwan eins
capitels auß götlicher schrifft, also auch täglich vor und nach der predig
würt von gantzer gemein ein psalm gesungen.
Uber das würt in der versamelten gemein on die predigen gemeinlich
30 nichs fürgenomen, sonder eins jeden geist und andacht heimgestelt bey
im selb, im hertzen gott on underlaß zu bitten und loben. Domit wir
nit wider die lere Christi ursach geben, im gepett vil wort zu machen,
Matt. 6 [7] oder mit scheyn und gleyßnery gott zu schmehen, mer dann
preysen, wo solichs on hertz geschehe.
35 Und in dem wissen wir, das wir der lere des geists gottes, 1. Cor. 14
[1-40] und anderswo mer nachfolgen. Zun Colossern 3 [16] schreibt
auch Paulus: Laßt das wort gottes in eüch wonen reyhlich in aller weyßheit,
leret und vermanet eüch selbs mit psalmen und lobgesengen und geistlichen liedern
e) uud AB.
209. Das Wort der Hl. Schrift ist Maßstab für Gesang und Gebet.
210. Propheti = profecey, Auslegung des gelesenen Schriftabschnittes. Zur
Geschichte des Psalmengesangs vgl. RE 10,422,21.

Latinisch sprach hat vil
geschadet und nie hoch
genitzet.

P 2 b
 
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