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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0316
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MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN

wichen. Ferner spricht S. Paulus 2. Timoth. 3 [15-17]: Von kindt vff
weistu die heilig schrifft, die kan dich weis machen zur selikeyt durch den glauben
in Christo Jesu, dan alle schrifft, von got eingeben, ist nutz zur lere, zur straff,
zur besserung, zur zuchtigung in der gerechtikeyt, das ein mensch gotes sy on
wandel, zu allem guten werck geschickt. Secht, dis lob gibt Sant Paulus der
18 v heiligen schrifft nur | des alten testaments, welche Timotheus, alss einer
Judin son, von kind vff, e dan die Euangelia geschriben woren, gelert
war. So dan die selbigen, die dan auch von Christo vnd den Apostolen
allenthalb die heilig schrifft genent wurdt12, weiss macht zur selikeyt,
was dörffen wir dan einiger menschen ler? nemlich so wir von dem
selbigen geist auch nur die Euangelien vnd andere apostolische schrifften,
die des gesetzes vnd der propheten vsslegung vnd verclerung sind.
Werden wir durch dise gotliche schrifft on wandel vnd volckummen
vnd geschickt zu allem guten werck, was guten wercks mag doch
vberig sein, das vnns erst die menschen wellen leren? Zu letst, Es ist
ein gemeiner spruch der alten alss Origenis, Hieronymi, Hilarii, Augustini
vnd gemeinlich aller13, das die heilig schrifft hat ir zeit vnd gesetztes
end, was hernacher geschriben ist, es habens geschriben, wie gelerte
vnd heilige leut es wöllen, so soll mans drumb nit glauben des halb, das
sy es gesagt haben, sonder durch die heilig schrifft soll all ding bewert14
werden13. Müss es dan alles durch die heilig schrifft bewerdt werden
vnd wor gemacht, billig16 so lost man die gotlich schrifft nit allein die
gewissest in der worheyt sein, sonder auch die heyterst vnd hellest zu
verston, auch den cleinverstendigen aber doch gleubigen17. Domit
19 r verwirfft man die veter | noch ir geschrifft in kein weg, sonder wie
billig setzet man sye der pur gotlichen schrifft noch, nit allein in der
worheit, sonder auch in der heitere vnd clorheit zu verston18, dan im
xviii. psalmen3 [19,1] ist geschriben: Das gepot des herren ist lyecht vnd
erleucht die augen. Das aber etliche ort vnss finsteere worden sind, ist
geschehen, das man der sproch art nit gehebt hat vnd die bibel schier
gar vnder der banck lossen ligen19. Doch so sind so fil heller ort, die
a) xix. psalmen.
12. Vgl. zum Beispiel Jo 5,39; Act 17,11; Ro 1,2; 2 Petr 1,20.
13. Vgl. Seeberg, DG I, 502 (Origenes); DG II, 367-370 (Hilarius, Hieronymus);
DG II, 411-413 (Augustin). Die Inspiration der Verfasser der biblischen Bücher ist
ein besonderer Vorgang und vom Wirken des Hl. Geistes in der Kirche streng zu
trennen; insofern hat die Bibel eine bestimmte Zeit und einen festgesetzten Endpunkt.
14. Beweisen, erproben. 15. Vgl. 1 Thess 5,21. 16. Verdientermaßen.
17. Vgl. Luther, WA 7,97,20-35 (Assertio): Die heilige Schrift ist »per se certissima,
facillima, apertissima, sui ipsius interpres, omnium omnia probans, iudicans et
illuminans«, ebd., Z. 23-24.
18. Vgl. Luther, ebd. 100, 12-24.
19. Vgl. Luther, WA 1,379, 4f.Vorrede zur »Deutschen Theologie«, 1518).

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