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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0318
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MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN

es menschlich sein muss, was neben vff komen ist, es sy von paepsten,
concilien oder vettern beschlossen. Christus hat wol verheyssen, wo
nitme dan zwen oder drey by einander syen in seinem namen, er wölle
miten vnder inen sein26; wer will aber sagen, wan man im namen
christi zu sammen kombt? darzu hat Christus nienen zugeseit, das
drumb die gleubigen nit irren kunden, ob er schon by inen ist. Er war
auch by Petro on zweifel, noch irt er sich zu antiochia, das im sant
Paulus muste under auge wider ston27. Er lost die seinen wol nit entlich
vnd verdamlich irren, aber wie sy teglich müssen bitten: Herr, vergib
vnss vnser schuld [Mt 6,12], also mogen sy teglich sunden vnd irren vnd
dan erst kinder gotes sein vnd Christum by inen haben.
Mer wirfft man disem grundt engegen den spruch Augustini: Ich
glaubt dem Euangelio nit, ich glaubet dan der kirchen28, daruss sy
wöllen einfüren, der kirchen sy mer zu glauben dan der schrifft29, zu
dem sy das auch bringen, die kirch habe etliche Euangelische hystorien
verworffen vnd die Matheus, Marcus, Lucas und Jo. beschriben hand
angenomen, darumb hab sy auch gewalt, die selbigen, so sy angenomen
hat, zu deuten vnd vsszulegen, wie sy will, vnd sy sye druber auch eben,
alss wol zu hören als die Euangelia. Daruff gibt man dise antwort.
Zum ersten, was Augustinus sagt, bindet kein christen, wie er selbst
bezeugt vnd ingeleibt ipse eius decret. dist. ix.30. Zum andern so mag
der spruch angenommen werden vnd dorch gesetzter worheit in kein
weg entgegen; die von Corintho hetten auch dem Euangelio nit glaubt,
wo sy Paulo, ders inen prediget, | nit glaubt hetten, also die christlich
kirch und gemein predigt alweg das Euangelion31; hette nun Augustinus
der selbigen nit wöllen glauben, so hette er ie dem Euangelio auch nit
kunden glauben geben, darumb aber wie Paulus nit gewalt hat vber
das Euangelion vnd es von Paulo auch kein krafft hat, das dan das wort
gotes vnd krafft gotes fur sich selb ist32, also ist auch die christlich
gemein, die dan durch das Euangelion geporen ist vnd bestot mit
nichten vber das Euangelion, alss wenig die menschen vber got mögen
sein33. Wie wol Augustinus spricht: Ich glaubet dem Evangelio nit,
26. Vgl. Mt 18, 20. 27. Vgl. Gal 2, 11-13.
28. Augustin C. ep. Manich. 5,6 (MSL 42,176): »Ego vero evangelio non crederem,
nisi me catholicae ecclesiae commoveret auctoritas.« Vgl. Seeberg, DG II, 411-413.
B. zitiert Augustin in der Fassung: Evangelio non crederem, nisi crederem ecclesiae;
vgl. dazu Luther, WA 2, 430, 12-23 (Resolutiones ... Lipsiae).
29. Luther hat sich mit dem Augustin-Wort wiederholt auseinandergesetzt; vgl.
WA 2, 429,21-432,15 (Resolutiones ... Lipsiae); WA 6,560,31-561,33 (De Captivitate);
WA 10, II 89, 6-90, 29 (Von Menschenlehre zu meiden).
30. Corp. iur. can. Decr. Grat. I, 9,3, 11. Vgl. Anm. 22.
31. Vgl. Luther, WA 2,431, 28-32 (Resolutiones ... Lipsiae).
32. Vgl. Ro 1, 16.
33. Vgl. Luther, WA 6, 560,31-561,2 (De Captivitate).
 
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