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MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
F. Lieber, das laß dich nit irren, was geschehen ist villeycht nit in
böser meynung geschehen, so hatt er Hutten yetzund zu diener uff-
genommen und hoff ganntz, er werd nit lang Bäpstisch sein, es schickt
sich wol dartzu33.
Wenn mit den »scharpffen mandaten« das Wormser Edikt gemeint
ist, dann ist wohl auch der Glückwunsch des Karsthans zum Kriegszug34
auf den offiziellen Bestallungsbrief des Kaisers zu beziehen, der als
Datum den 4. Juli 1521 trägt. Die Abfassungszeit läge dann in den
Monaten Juli/August 1521. Diesem Datum stehen zwei Schwierig-
keiten entgegen: Die Kaiserhoffnung, die unseren Dialog kennzeichnet,
kann zu diesem Zeitpunkt nur ein wirklichkeitsfremder Phantast hegen,
wohingegen sie zu einem früheren Termin gut in die politischen An-
schauungen des Ebernburgkreises um Franz von Sickingen paßt. Zum
anderen läßt sich bei dieser Spätansetzung der Hinweis Sickingens, daß
Hutten jetzt Diener des Kaisers sei, nicht erklären. Hutten wurde am
8. April 1521 auf der Ebernburg mit dem Beichtvater des Kaisers einig,
gegen eine Pension von 200 Gulden jährlich einen Entschuldigungsbrief
an den Kaiser zu schreiben und seine polemische Schriftstellerei zu
beenden. Ende Mai kündigte Hutten dieses Abkommen auf. Der Hin-
weis, daß Hutten vom Kaiser »zu diener uffgenommen« sei, kann sich
nur auf die Vereinbarung mit Glapion beziehen, die vom 8. April bis
28. Mai 1521 von beiden Seiten anerkannt wurde. Außerdem hat zur
Zeit unseres Dialogs Hutten auf der Ebernburg Asyl gefunden35.
Sickingens Ebernburg schützt ihn vor der Macht des Papstes und erlaubt
ihm, gegen den Papst und seinen Anhang zu schreiben, was er will.
Nun hat Hutten die Ebernburg spätestens Anfang Juni 1521 verlassen,
um seinen Pfaffenkrieg zu beginnen. Da der Verfasser über alle Vor-
gänge auf der Ebernburg gut unterrichtet ist, fällt es schwer, hier einen
Irrtum anzunehmen. Die oben angeführte Stelle, die Köhler und Kalkoff
auf das Wormser Edikt beziehen, müssen wir mit Lehmann anders
deuten36.
Bücherverbrennungen fanden unter kaiserlichem Schutz durch den
Nuntius Aleander im Oktober 1520 in Löwen und im November 1520
in Köln und Mainz statt. Von diesem Ereignis berichtet Hutten seinem
Mitarbeiter Bucer37. Mit den »grymmigen, scharpffen mandaten« ist
nicht Luther, sondern sind seine Bücher in die Acht getan worden. Das
33. Neukarsthans, S. 417, Z. 3-12.
34. Neukarsthans, S. 406, Z. 14-16.
35. Neukarsthans, S. 408, Z. 22-26.
36. Vgl. Martin Butzer: Gesprechbiechlin neüw Karsthans, mit einer Einleitung
herausgegeben von E. Lehmann. In: Neudrucke deutscher Literaturwerke des
XVI. und XVII. Jahrhunderts, 1930, S. XIX-XX.
37. Vgl. Böcking I, S. 427.
MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
F. Lieber, das laß dich nit irren, was geschehen ist villeycht nit in
böser meynung geschehen, so hatt er Hutten yetzund zu diener uff-
genommen und hoff ganntz, er werd nit lang Bäpstisch sein, es schickt
sich wol dartzu33.
Wenn mit den »scharpffen mandaten« das Wormser Edikt gemeint
ist, dann ist wohl auch der Glückwunsch des Karsthans zum Kriegszug34
auf den offiziellen Bestallungsbrief des Kaisers zu beziehen, der als
Datum den 4. Juli 1521 trägt. Die Abfassungszeit läge dann in den
Monaten Juli/August 1521. Diesem Datum stehen zwei Schwierig-
keiten entgegen: Die Kaiserhoffnung, die unseren Dialog kennzeichnet,
kann zu diesem Zeitpunkt nur ein wirklichkeitsfremder Phantast hegen,
wohingegen sie zu einem früheren Termin gut in die politischen An-
schauungen des Ebernburgkreises um Franz von Sickingen paßt. Zum
anderen läßt sich bei dieser Spätansetzung der Hinweis Sickingens, daß
Hutten jetzt Diener des Kaisers sei, nicht erklären. Hutten wurde am
8. April 1521 auf der Ebernburg mit dem Beichtvater des Kaisers einig,
gegen eine Pension von 200 Gulden jährlich einen Entschuldigungsbrief
an den Kaiser zu schreiben und seine polemische Schriftstellerei zu
beenden. Ende Mai kündigte Hutten dieses Abkommen auf. Der Hin-
weis, daß Hutten vom Kaiser »zu diener uffgenommen« sei, kann sich
nur auf die Vereinbarung mit Glapion beziehen, die vom 8. April bis
28. Mai 1521 von beiden Seiten anerkannt wurde. Außerdem hat zur
Zeit unseres Dialogs Hutten auf der Ebernburg Asyl gefunden35.
Sickingens Ebernburg schützt ihn vor der Macht des Papstes und erlaubt
ihm, gegen den Papst und seinen Anhang zu schreiben, was er will.
Nun hat Hutten die Ebernburg spätestens Anfang Juni 1521 verlassen,
um seinen Pfaffenkrieg zu beginnen. Da der Verfasser über alle Vor-
gänge auf der Ebernburg gut unterrichtet ist, fällt es schwer, hier einen
Irrtum anzunehmen. Die oben angeführte Stelle, die Köhler und Kalkoff
auf das Wormser Edikt beziehen, müssen wir mit Lehmann anders
deuten36.
Bücherverbrennungen fanden unter kaiserlichem Schutz durch den
Nuntius Aleander im Oktober 1520 in Löwen und im November 1520
in Köln und Mainz statt. Von diesem Ereignis berichtet Hutten seinem
Mitarbeiter Bucer37. Mit den »grymmigen, scharpffen mandaten« ist
nicht Luther, sondern sind seine Bücher in die Acht getan worden. Das
33. Neukarsthans, S. 417, Z. 3-12.
34. Neukarsthans, S. 406, Z. 14-16.
35. Neukarsthans, S. 408, Z. 22-26.
36. Vgl. Martin Butzer: Gesprechbiechlin neüw Karsthans, mit einer Einleitung
herausgegeben von E. Lehmann. In: Neudrucke deutscher Literaturwerke des
XVI. und XVII. Jahrhunderts, 1930, S. XIX-XX.
37. Vgl. Böcking I, S. 427.