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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0392
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388 MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
und sakramentale Weihe allein gibt der Geistlichkeit Vollmacht, sondern
ein Leben, das der Lex Christi gehorsam ist. Aber ihr ganzes Denken
und Streben ist nur darauf aus, Reichtum zusammenzuraffen und welt-
liche Macht und Ehre zu erlangen. Habsucht und Herrschsucht der
Geistlichen haben die Kirche verdorben.
Der Vorwurf der Unkeuschheit taucht im Neukarsthans nur ganz am
Rande auf.
Christus hat brüderliche Liebe geboten, aber die Geistlichen kennen
diese Liebe nicht, denn sie wollen reich werden. So mißbrauchen sie
den Bann zur Befriedigung ihrer Geldgier. Der ursprüngliche Bann ist
durch ihre Habsucht verdorben, sie gebrauchen ihn nicht mehr bei den
geistlichen Angelegenheiten. Wenn sie sich in ihrem Reichtum oder in
ihrer Machtstellung bedroht fühlen, verhängen sie das Interdikt und
bringen damit das christliche Volk um das Sakrament, das zu spenden
sie von Gott eingesetzt sind. Die Gnade Gottes in den Sakramenten
geben sie nicht umsonst ab, wie Christus das geboten hat, sondern
machen selbst diese Gabe Gottes ihrer Habsucht dienstbar.
Auch Ablaßhandel und Pfründenkauf sind nur erfunden worden, um
Deutschland finanziell auszubeuten. Heiligenkult und Wallfahrten, von
den Mönchen stark gefördert, dienen nur dazu, das Geld aus den
Taschen des christlichen Volkes zu locken. Innere Frömmigkeit kann
durch diese Äußerlichkeiten doch nicht gefördert werden.
Früher wurden Bischöfe gewählt, jetzt werden die geistlichen Ämter
an den verkauft, der am meisten bezahlen kann, so kommen junge, un-
gelehrte Männer in die Geistlichkeit, die nur auf das Geld aus sind.
Jedoch Reichtum allein genügt den Geistlichen nicht, die Reichen
wollen auch herrschen, wollen weltliche Macht ausüben.
Der Clerus major ist in besonderer Weise dem Streben nach weltlicher
Macht verfallen. Je näher sie dem Papst stehen, desto weniger üben sie
die Werke der Apostel. Prunksucht und Hochmut herrschen in der
höheren Geistlichkeit. Um Macht zu erlangen oder zu behalten, greifen
die Geistlichen sogar zum Schwert und führen Krieg, wenn auch
Christus und Paulus das Gegenteil lehren.
Die päpstlichen Gesetze dienen ihnen dazu, das Christenvolk zu
knechten. Sie sind Satans Apostel, weil sie Christus ungehorsam sind
und neue Gebote machen, die über Christi Lehre hinausgehen: sie ver-
bieten die Ehe und verbieten Speisen. Um der päpstlichen Gesetze
willen übertreten sie Gottes Gebote. Was der Papst gesagt hat, soll mehr
geachtet werden als die Lex Christi. Wo päpstliche Dekrete mehr oder
anders fordern als das apostolische Gebot, sind sie Ausdruck einer
satanischen Herrschsucht. Die päpstlichen Gesetze werden gehalten,
aber die Lehre Christi wird vergessen.
Der ungeistliche Machtwille der Geistlichkeit wird in der Forderung
 
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