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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0394
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390

MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN

Christus lehrt die Uneigennützigkeit und den rechten Gebrauch des
Banns. Bei Christus sind Lehre und Leben eins. Deshalb sollen die
Geistlichen auf die Lehre Christi achten, dem christlichen Volk mit
guten Beispielen vorangehen und auf Reichtum und weltliche Ehre
verzichten. Christus selbst hat gewollt, daß die Apostel und ihre Nach-
kommen, die Geistlichen, »im am nechsten nachvolgen und in seinem
beyspil leben42«.
Im Gehorsam gegen das Gebot Christi, nach Christi Beispiel und der
Apostel Vorbild müssen die Geistlichen wieder geistlich werden, damit
sie dem Volk die Lehre Christi bringen und ein sittliches Vorbild sein
können: »Yetzund sol man gott im geist dienen und ausserlich gar
nichts anders dann gutte werck, darvon andere beyspiel nemen, mit
demütigkeit erzeygen43.«
Zum Gottesdienst im Geist gehört für die Geistlichen zunächst der
Verzicht auf Reichtum und weltliche Herrschaft, den Christus von den
Aposteln und den Geistlichen, die ja ihre Nachfolger sind, fordert.
Christi Wort wird zitiert: »Ir solt nit besitzen gold noch sylber44.«
Christus fordert von seinen Aposteln, daß sie »Seelenfischer« sein
sollten. Dem sind auch Petrus und Paulus als rechte Geistliche nach-
gefolgt. Sie wollten keinen Reichtum erwerben, sie haben statt dessen
Seelen für Christus gewonnen. Sie lebten in Armut aber gehorsam dem
Gebot Christi: »Wilt du volkommen sein, so gang hin, verkauf!, was du
hast, gib es den armen45.«
Die mittelalterliche Mönchsethik der evangelischen Räte wird im
Sinne des Erasmus aufgehoben. Das Gebot Christi ist unteilbar, es gilt
immer und ist für jeden verpflichtend. Sollen denn nun alle Geistlichen
auf Reichtum und weltliche Macht verzichten? Ja, doch nicht »wie
yetzund etlich münch thun, von der welt verborgen und nyemand zu
gut gelebt, sunder dem arbeitsamen gottesdienst ergeben46«. Der
Mönch dient mit seiner vorgeblichen Armut nur sich selbst und seinem
Seelenheil und läßt somit die brüderliche Liebe vermissen. Der Christ
soll im Gehorsam gegen Christi und der Apostel Gebot und Vorbild
auf Eigennutz verzichten und dem anderen leben.
In einer am apostolischen Urbild erneuerten Kirche wird es keine
Mönchsorden geben. Sie sind ungeistlich, weil aller Aberglaube bei
ihnen entstanden ist und ihre Habsucht unersättlich ist.
Wenn die Geistlichen dem Gebot der apostolischen Armut nach-
kommen, dann wird sie das christliche Vok »eren und neren«. Auf alle
42. Neukarsthans, S. 436, Z. 23-24.
43. Neukarsthans, S. 429, Z. 17-19.
44. Neukarsthans, S. 410, Z. 13.
45. Neukarsthans, S. 410, Z. 30-31.
46. Neukarsthans, S. 414, Z. 28-29.
 
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