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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]; Buckwalter, Stephen E. [Oth.]; Schulz, Hans [Oth.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0133
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Nr. io
Gutachten Bucers zu Ehescheidung und Wiederheirat
im Falle von Lepra
Ob Malazei genugsame Ursache zur Scheidung sei
[ca. 1532?]

Einleitung1
1. Entstehung und Inhalt
Das folgende Gutachten2 - die zweite erhaltene Stellungnahme Bucers zu Eheschei-
dung und Wiederheirat im Falle von Lepra3 - enthält nur wenige konkrete Hinweise
auf ihre Entstehungsumstände. Ähnlich wie im obigen Gutachten zur Eheschei-
dung bei Geisteskrankheit4 werden zunächst die theoretischen Grundlagen, die für
die Beurteilung des Falles zu berücksichtigen sind, dargelegt. Anschließend wendet
der Verfasser seine Grundsätze auf den an ihn herangetragenen Fall an. Der Inhalt
der Anfrage geht aus Bucers Angaben implizit hervor: Eine Frau lst unheilbar an Le-
pra erkrankt und vom menschlichen Umgang ausgeschlossen5. Ihr Mann wünscht,
erneut zu heiraten, hat für dieses Vorhaben sogar die Zustimmung seiner leprakran-

1. Vgl. auch die Einleitung zu Nr. 2, S. 30-32.
2. Da diese Schrift in der heutigen Forschung oft unter dem Kurztitel »Ob malacey« zitiert wird
(vgl. Selderhuis, Eluwelijk, S. 3 3 3 = Marriage, S. 298), haben wir uns bei der Erstellung eines zitierfä-
higen Titels im heutigen Deutsch erlaubt, anstatt von »Lepra« oder »Aussatz« das Wort »Malazei«
(vgl. Grimm 12 [=VI], Sp. 1499) anachromstisch beizubehalten.
3. Die erste erhaltene Stellungnahme, das »Consilium de coniugio leprosorum«, befindet sich in
diesem Band, Nr. 2, S. 33-37. Vgl. auch das Gutachten Capitos und Hedios zum selben Thema (Bei-
lage zu Nr. 2, S. 40-43). Bucers am 26. November 1533 abgeschlossene Ulmer Eheschrift enthält
ebenfalls einen großen Abschnitt über die Lepra und ihre eherechtlichen Auswirkungen; vgl. unten
S-357.i-369»i5-
4. Vgl. oben Nr.9, S. 125-128.
5. Vgl. unten S. 134,12-14. In Straßburg wurden, wie in anderen Städten des Spätmittelalters und
der frühen Neuzeit, Leprakanke m städtische Leprosorien eingewiesen, die dem kanomschen Recht
und der kirchhchen Rechtsprechung unterstanden, aber von der welthchen Obrigkeit verwaltet
wurden. Straßburg besaß zwei Leprosorien: das wohlhabendere und bedeutendere »Gutleuthaus
zur Roten Kirche« (in unmittelbarer Nähe zur St. Helenenkapelle, im Volksmund »Rote Kirche«)
und das »Haus zum Snelling« für arme Schultheißenbürger. Sehr ausführlich zu beiden vgl. Wink-
kelmann, Fürsorgewesen I, S. 30—41. Nach einer Ratsordnung von 1461 waren zwei Arzte und zwei
Scherer (sc. Barbiere, Friseure, die aber auch die Aufgaben eines Chirurgen wahrnahmen) mit der
Lepraschau beauftragt. Reicke, Das deutsche Spital II, S. 266. Ausführlich zum Verfahren zur Fest-
stellung des Aussatzes und zur Einweisung m das Leprosorium vgl. dort S. 259—279. Eine äußerst
ausführhche Besprechung der gesellschaftlichen Bedeutung der Lepra 1m Spätmittelalter, des kirch-
lichen und obrigkeitlichen Umgangs mit Leprakranken sowie der rechthchen Stellung derselben,
besonders in den Städten, bietet Reicke, Das deutsche Spital I, S. 310-326 und II, S. 233-286. Allge-
mein zum Thema: Isenmann, S. 185.
 
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