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I 5. GUTACHTEN FUR PHILIPP VON HESSEN
sche Sache wurde schwer kompromittiert, Bucer, Luther27 und Melanchthon28
wurden lm eigenen Lager heftigen Vorwürfen ausgesetzt, und die Autorität Philipps
erlitt starke Einbußen. Am 13. Juni 1541 mußte der Landgraf einer geheimen Ver-
einbarung mit Kaiser Karl V. zustimmen, die seine militärische Nützlichkeit für den
Schmalkaldischen Bund empfindlich schwächte. Auch für das familiäre Leben Phil-
ipps hatte die Doppelehe belastende Folgen, mit denen er sich bis zu seinem Tod
auseinandersetzen mußte.29
Die negativen Auswirkungen des Falles waren auch für Bucer - gerade 1m eigenen
Lager - schwerwiegend.30 Im Sommer 1540 wurde er von dem Memmmger Predi-
ger Gervasius Schuler aufgefordert, eindeutig zu dem Gerücht Stellung zu nehmen,
er habe zusammen mit Luther und Melanchthon den Landgrafen zur Aufnahme ei-
nes Konkubinatsverhältnisses ermuntert.31 Bucer antwortete mit einem ausführ-
lichen Brief32, in welchem er sich aber zu der lhm gestellten Frage betont mißver-
ständlich und irreführend äußerte.33 Die Memminger Prediger entschuldigten sich
daraufhin für das scharfe Schreiben lhres Kollegen.34
Machtlos dagegen war Bucer gegen das Gerücht, eme vom Melsunger Pfarrer Jo-
hannes Lening pseudonym verfaßte und im Sommer 1541 m Marburg gedruckte
Verteidigung der Doppelehe Philipps35 stamme in Wirklichkeit aus der Feder Bu-
cers. Bestimmte Straßburger Täufer36, aber auch der emflußreiche Ratsschreiber
Michael Hanj7, schoben Bucer das peinhche Werk in die Schuhe. Han verfaßte sogar
ein Spottgedicht über Bucer, das in Straßburg die Runde machte.38
27. Vgl. Brecht, Luther III, S. 207 f.
28. Vgl. Scheible, Melanchthon, S. 127f.
29. Vgl. TRE 26, S. 494,41-496,21.
30. Ausführlich hierzu: Eells, Attitude, S. 107-131.
31. Vgl. Eells, Attitude, S. 124-128.
32. Straßburg StArch, AST 39, S. 221-228; Edition in: CR 10, Sp. 156-161. Dieser Bnef ist nicht,
wie im CR, auf März 1541, sondern auf November 1541 zu datieren. Freundliche Mitteilung von
Dr. Reinhold Fnedrich, Edition der Bucer-Korrespondenz in Erlangen.
33. »Scripsi ante hac vobis de lsta causa, qaue satis esse poterant fratribus, qui fidcm nostram, la-
bores et solhcitudinem pro ecclesns Dei norunt, quique offendicula ab ecclesus removere, non
augere, cupiunt. Verum dum video, llla nondum satisfecisse, scnbam plura et planiora, idque vobis
coram Domino affirmo, neque me neque Lutherum aut Philippum, neque quod scire equidem po-
tuenm, quenquam Hessicum concionatorem principi huic tale consilium ullum dedisse, aut habere
Chnstiams concubmam cum uxonbus licere docuisse aut defendendum suscepisse.« AST39,S.22I
(= CR 10, Sp. 156). Viel ehrlicher war Bucer in einem Brief an Ambrosius Blarer vom März i 542,
vgl. Schieß II, S. 106; Eells, Attitude, S. 130h
34. Eells, Attitude, S. 129.
35. »Dialogus, das lst ein freundthch Gesprech Zweyer personen Da von, Ob es Götthchem,
Natürlichen, Keyserhchem vnd Geysthchem Rechte gemesse oder entgegen sei, mehr dann eyn Ee-
weib zugleich zuhaben«. [Marburg 1541]. Da die Schnft einem pseudonymen »Huldcnchus Neo-
bulus« zugeschneben wurde, nannte man sie »Dialogus Neobuli«. Vgl. Lenz II, S. 28 h, 31, 78;
Rockwell, Doppelehe, S. 121 f., Greschat, Bucer, S. i/of.
36. Vgl. QGT 15 (Elsaß III), Nr. 1 i68f., 1173.
37. Vgl. QGT 15 (Elsaß III), Nr. 1177h
38. Ausszug aus demselben in QGT 15 (Elsaß III), S. 516,12-519,22. Noch 1546 mußte Bucer
sich den Vorwurf anhören, »Er habe das schelmenbuchlm gemacht, das einer meh dan ein ehweib
mög haben.« QGT 16 (Elsaß IV), S. 185,23h
I 5. GUTACHTEN FUR PHILIPP VON HESSEN
sche Sache wurde schwer kompromittiert, Bucer, Luther27 und Melanchthon28
wurden lm eigenen Lager heftigen Vorwürfen ausgesetzt, und die Autorität Philipps
erlitt starke Einbußen. Am 13. Juni 1541 mußte der Landgraf einer geheimen Ver-
einbarung mit Kaiser Karl V. zustimmen, die seine militärische Nützlichkeit für den
Schmalkaldischen Bund empfindlich schwächte. Auch für das familiäre Leben Phil-
ipps hatte die Doppelehe belastende Folgen, mit denen er sich bis zu seinem Tod
auseinandersetzen mußte.29
Die negativen Auswirkungen des Falles waren auch für Bucer - gerade 1m eigenen
Lager - schwerwiegend.30 Im Sommer 1540 wurde er von dem Memmmger Predi-
ger Gervasius Schuler aufgefordert, eindeutig zu dem Gerücht Stellung zu nehmen,
er habe zusammen mit Luther und Melanchthon den Landgrafen zur Aufnahme ei-
nes Konkubinatsverhältnisses ermuntert.31 Bucer antwortete mit einem ausführ-
lichen Brief32, in welchem er sich aber zu der lhm gestellten Frage betont mißver-
ständlich und irreführend äußerte.33 Die Memminger Prediger entschuldigten sich
daraufhin für das scharfe Schreiben lhres Kollegen.34
Machtlos dagegen war Bucer gegen das Gerücht, eme vom Melsunger Pfarrer Jo-
hannes Lening pseudonym verfaßte und im Sommer 1541 m Marburg gedruckte
Verteidigung der Doppelehe Philipps35 stamme in Wirklichkeit aus der Feder Bu-
cers. Bestimmte Straßburger Täufer36, aber auch der emflußreiche Ratsschreiber
Michael Hanj7, schoben Bucer das peinhche Werk in die Schuhe. Han verfaßte sogar
ein Spottgedicht über Bucer, das in Straßburg die Runde machte.38
27. Vgl. Brecht, Luther III, S. 207 f.
28. Vgl. Scheible, Melanchthon, S. 127f.
29. Vgl. TRE 26, S. 494,41-496,21.
30. Ausführlich hierzu: Eells, Attitude, S. 107-131.
31. Vgl. Eells, Attitude, S. 124-128.
32. Straßburg StArch, AST 39, S. 221-228; Edition in: CR 10, Sp. 156-161. Dieser Bnef ist nicht,
wie im CR, auf März 1541, sondern auf November 1541 zu datieren. Freundliche Mitteilung von
Dr. Reinhold Fnedrich, Edition der Bucer-Korrespondenz in Erlangen.
33. »Scripsi ante hac vobis de lsta causa, qaue satis esse poterant fratribus, qui fidcm nostram, la-
bores et solhcitudinem pro ecclesns Dei norunt, quique offendicula ab ecclesus removere, non
augere, cupiunt. Verum dum video, llla nondum satisfecisse, scnbam plura et planiora, idque vobis
coram Domino affirmo, neque me neque Lutherum aut Philippum, neque quod scire equidem po-
tuenm, quenquam Hessicum concionatorem principi huic tale consilium ullum dedisse, aut habere
Chnstiams concubmam cum uxonbus licere docuisse aut defendendum suscepisse.« AST39,S.22I
(= CR 10, Sp. 156). Viel ehrlicher war Bucer in einem Brief an Ambrosius Blarer vom März i 542,
vgl. Schieß II, S. 106; Eells, Attitude, S. 130h
34. Eells, Attitude, S. 129.
35. »Dialogus, das lst ein freundthch Gesprech Zweyer personen Da von, Ob es Götthchem,
Natürlichen, Keyserhchem vnd Geysthchem Rechte gemesse oder entgegen sei, mehr dann eyn Ee-
weib zugleich zuhaben«. [Marburg 1541]. Da die Schnft einem pseudonymen »Huldcnchus Neo-
bulus« zugeschneben wurde, nannte man sie »Dialogus Neobuli«. Vgl. Lenz II, S. 28 h, 31, 78;
Rockwell, Doppelehe, S. 121 f., Greschat, Bucer, S. i/of.
36. Vgl. QGT 15 (Elsaß III), Nr. 1 i68f., 1173.
37. Vgl. QGT 15 (Elsaß III), Nr. 1177h
38. Ausszug aus demselben in QGT 15 (Elsaß III), S. 516,12-519,22. Noch 1546 mußte Bucer
sich den Vorwurf anhören, »Er habe das schelmenbuchlm gemacht, das einer meh dan ein ehweib
mög haben.« QGT 16 (Elsaß IV), S. 185,23h