Beilage zu Nr.5
Responsio praepositi, decani et capituli collegii divi Thomae
ad supra scriptam obligationem
nach dem 17. Mai 1543
bearbeitet von Stephen E. Buckwalter
Einleitung
Unmittelbar veranlaßt wurde diese ›Responsio‹ durch die Forderung seitens der
Straßburger Scholarchen, daß alle kirchlichen Pfründenempfänger sich der feierlichen
Verpflichtung unterziehen, die in der von Bucer erstellten ›Forma obligationis
canonicae‹ ihren konkreten Ausdruck fand. ¹
Zwar pflichten die Stiftsvertreter in dieser Replik dem Grundanliegen der ›Forma
obligationis canonicae‹ bei, den Erhalt von Pfründeneinkünften an die ordnungsgemäße
Ausführung des betreffenden geistlichen Amtes strikt zu binden. ² Dies
werde jedoch bereits vom Munizipalstatut ausreichend gewährleistet, betonen die
Stiftsherren, und sie bekräftigen, daß die Einführung eines Eides, wie er in der
›Forma‹ anvisiert wird, die Befugnisse der Stifte enorm aushöhlen und unveräußerliche
Rechte der Kirche an Gremien abtreten würde, in denen Laien eine Hauptrolle
spielen. ³ Eine derart rigorose Selbstverpflichtung, wie hier vorgesehen, werde die
geistliche Laufbahn für Söhne von heimischen familiae honestae noch unattraktiver
machen, als sie ohnehin schon ist, und sie in juristische, medizinische oder kaufmännische
Laufbahnen abdrängen, während kirchliche Stellen zunehmend in die Hand
von Auswärtigen gelangen, die hauptsächlich aus wirtschaftlicher Not in solche Positionen
eindringen. ⁴ Hieraus erwachse dem Straßburger Gemeinwesen und der
dortigen Kirche kein Vorteil, sondern nur Schaden, weshalb die Stiftsherren die
Scholarchen darum bitten, von einer derartig eingehenden Beschneidung der Zuständigkeiten
des Thomasstiftes abzusehen.
Die ›Responsio‹ zeugt davon, daß Bucers Vorstellung von der Verantwortung des
Rates im allgemeinen und der Schulherren im besonderen für die Durchsetzung der
Reformation in Straßburg auch innerhalb eines vorwiegend evangelischen Stiftes
wie St. Thomas für Unmut sorgen konnte.
Die ›Responsio‹ ist in einer einzigen Handschrift überliefert: Straßburg StArch,
AST 26,Nr.4, fol.3 ʳ –6 ʳ . Hierbei handelt es sich um eine Ausfertigung in der Hand
1. Vgl. oben die Einleitung zu Nr. 5, S.173–175.
2. Vgl. unten S.183,3–6.
3. Vgl. unten S.183,7–16.
4. Vgl. unten S.183,17–184,11.
Responsio praepositi, decani et capituli collegii divi Thomae
ad supra scriptam obligationem
nach dem 17. Mai 1543
bearbeitet von Stephen E. Buckwalter
Einleitung
Unmittelbar veranlaßt wurde diese ›Responsio‹ durch die Forderung seitens der
Straßburger Scholarchen, daß alle kirchlichen Pfründenempfänger sich der feierlichen
Verpflichtung unterziehen, die in der von Bucer erstellten ›Forma obligationis
canonicae‹ ihren konkreten Ausdruck fand. ¹
Zwar pflichten die Stiftsvertreter in dieser Replik dem Grundanliegen der ›Forma
obligationis canonicae‹ bei, den Erhalt von Pfründeneinkünften an die ordnungsgemäße
Ausführung des betreffenden geistlichen Amtes strikt zu binden. ² Dies
werde jedoch bereits vom Munizipalstatut ausreichend gewährleistet, betonen die
Stiftsherren, und sie bekräftigen, daß die Einführung eines Eides, wie er in der
›Forma‹ anvisiert wird, die Befugnisse der Stifte enorm aushöhlen und unveräußerliche
Rechte der Kirche an Gremien abtreten würde, in denen Laien eine Hauptrolle
spielen. ³ Eine derart rigorose Selbstverpflichtung, wie hier vorgesehen, werde die
geistliche Laufbahn für Söhne von heimischen familiae honestae noch unattraktiver
machen, als sie ohnehin schon ist, und sie in juristische, medizinische oder kaufmännische
Laufbahnen abdrängen, während kirchliche Stellen zunehmend in die Hand
von Auswärtigen gelangen, die hauptsächlich aus wirtschaftlicher Not in solche Positionen
eindringen. ⁴ Hieraus erwachse dem Straßburger Gemeinwesen und der
dortigen Kirche kein Vorteil, sondern nur Schaden, weshalb die Stiftsherren die
Scholarchen darum bitten, von einer derartig eingehenden Beschneidung der Zuständigkeiten
des Thomasstiftes abzusehen.
Die ›Responsio‹ zeugt davon, daß Bucers Vorstellung von der Verantwortung des
Rates im allgemeinen und der Schulherren im besonderen für die Durchsetzung der
Reformation in Straßburg auch innerhalb eines vorwiegend evangelischen Stiftes
wie St. Thomas für Unmut sorgen konnte.
Die ›Responsio‹ ist in einer einzigen Handschrift überliefert: Straßburg StArch,
AST 26,Nr.4, fol.3 ʳ –6 ʳ . Hierbei handelt es sich um eine Ausfertigung in der Hand
1. Vgl. oben die Einleitung zu Nr. 5, S.173–175.
2. Vgl. unten S.183,3–6.
3. Vgl. unten S.183,7–16.
4. Vgl. unten S.183,17–184,11.