Nr.19
Stellungnahme im Kompetenzkonflikt zwischen
Pfarrern und Kirchenpflegern
[Herbst 1547]
bearbeitet von Stephen E. Buckwalter
Einleitung
1. Entstehung und Inhalt
Die folgende Stellungnahme reiht sich in die Bestrebungen der Straßburger Prädikanten
ein, gegen den Widerstand des Rates eine aktivere Rolle bei der Hebung des
sittlichen Standes und der Durchsetzung einer strengeren Kirchendisziplin in Straßburg
einzunehmen. Während der Rat diese Aufgabe allein den Kirchenpflegern
überlassen wollte, deren Amt ja eigens zum Zweck der Sittenaufsicht am 30. Oktober
1531 ins Leben gerufen worden war ¹ , bestanden die Pfarrer darauf, ihre Pfarrkinder
im Blick auf ihren Lebenswandel selber überprüfen zu dürfen, nicht zuletzt
weil sie die Amtsführung der Kirchenpfleger als vollkommen unzureichend empfanden
² . Mit diesem ›Verzeichnis‹ bemühen sich die Prädikanten, den Ratsherren
gegenüber zu beweisen, daß die von ihnen geforderten Aufsichtsrechte für Pfarrer
in den bestehenden, vom Magistrat erlassenen Ordnungen verbrieft sind und keine
unbefugte Kompetenzerweiterung auf Kosten des Amtes der Kirchenpfleger darstellen
³ . Dem Gemeinwesen zuliebe soll der Rat den Pfarrern erlauben, durch eine
aktive Seelsorge in das Leben ihrer Pfarrkinder gestaltend einzugreifen und dadurch
die Arbeit der Kirchenpfleger zu unterstützen.
Bucers Gutachten ist in 15 Punkten gegliedert:
Punkte I–V: Die bleibende Geltung der Kirchenordnung von 1534 [1 ʳ/ᵛ ]
I. Nach der Kirchenordnung von 1534 kommt Pfarrern und Kirchenpflegern in
gleichem Maße die Aufgabe zu, für das geistliche Wohlergehen ihrer Pfarrkinder
zu sorgen.
1. Vgl. Greschat, Bucer, S. 137f. (= 1. Aufl. S.127f.); Sehling, EKO XX/1, S.52f. und 225f.
2. Zu diesem Konflikt vgl. Greschat, Bucer, S. 238–243 (= 1. Aufl. S. 218–224); Sehling, EKO
XX/1, S.52f. und 64f.
3. Bucer ist in diesem Gutachten bemüht, auf die schriftliche Fixierung und somit in gewisser
Hinsicht Beurkundung der Rechte der Pfarrer in den gedruckten Kirchenordnungen und Mandaten
der Stadt hinzuweisen. Diesen Sinn hat der Name ›Verzeichnis‹ (vgl. Grimm 25 [= XII,1],
Sp.2498 und 2501).
Stellungnahme im Kompetenzkonflikt zwischen
Pfarrern und Kirchenpflegern
[Herbst 1547]
bearbeitet von Stephen E. Buckwalter
Einleitung
1. Entstehung und Inhalt
Die folgende Stellungnahme reiht sich in die Bestrebungen der Straßburger Prädikanten
ein, gegen den Widerstand des Rates eine aktivere Rolle bei der Hebung des
sittlichen Standes und der Durchsetzung einer strengeren Kirchendisziplin in Straßburg
einzunehmen. Während der Rat diese Aufgabe allein den Kirchenpflegern
überlassen wollte, deren Amt ja eigens zum Zweck der Sittenaufsicht am 30. Oktober
1531 ins Leben gerufen worden war ¹ , bestanden die Pfarrer darauf, ihre Pfarrkinder
im Blick auf ihren Lebenswandel selber überprüfen zu dürfen, nicht zuletzt
weil sie die Amtsführung der Kirchenpfleger als vollkommen unzureichend empfanden
² . Mit diesem ›Verzeichnis‹ bemühen sich die Prädikanten, den Ratsherren
gegenüber zu beweisen, daß die von ihnen geforderten Aufsichtsrechte für Pfarrer
in den bestehenden, vom Magistrat erlassenen Ordnungen verbrieft sind und keine
unbefugte Kompetenzerweiterung auf Kosten des Amtes der Kirchenpfleger darstellen
³ . Dem Gemeinwesen zuliebe soll der Rat den Pfarrern erlauben, durch eine
aktive Seelsorge in das Leben ihrer Pfarrkinder gestaltend einzugreifen und dadurch
die Arbeit der Kirchenpfleger zu unterstützen.
Bucers Gutachten ist in 15 Punkten gegliedert:
Punkte I–V: Die bleibende Geltung der Kirchenordnung von 1534 [1 ʳ/ᵛ ]
I. Nach der Kirchenordnung von 1534 kommt Pfarrern und Kirchenpflegern in
gleichem Maße die Aufgabe zu, für das geistliche Wohlergehen ihrer Pfarrkinder
zu sorgen.
1. Vgl. Greschat, Bucer, S. 137f. (= 1. Aufl. S.127f.); Sehling, EKO XX/1, S.52f. und 225f.
2. Zu diesem Konflikt vgl. Greschat, Bucer, S. 238–243 (= 1. Aufl. S. 218–224); Sehling, EKO
XX/1, S.52f. und 64f.
3. Bucer ist in diesem Gutachten bemüht, auf die schriftliche Fixierung und somit in gewisser
Hinsicht Beurkundung der Rechte der Pfarrer in den gedruckten Kirchenordnungen und Mandaten
der Stadt hinzuweisen. Diesen Sinn hat der Name ›Verzeichnis‹ (vgl. Grimm 25 [= XII,1],
Sp.2498 und 2501).