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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 8): Abendmahlsschriften 1529 - 1541 — Gütersloh, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.29834#0209
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BEILAGE 2 ZU 4. GUTACHTEN FUR DEN KEMPTENER RAT

205

Ein zweites Argument seiner Gegner beruht auf der Aussage in Joh 6,54- 56, daß das
Essen des Leibes und des Blutes Christi ewiges Leben und Gemeinschaft mit Gott
verleihe. Das schließe, so die Gegner, die Identität der Abendmahlselemente mit
Leib und Blut Christi aus. Andernfalls würden ja Unwürdige und Ungläubige des
Heils teilhaftig werden, was nicht der Fall sei. Rottach entgegnet mit der Behaup-
tung, daß kein einziges Wort in Joh 6 sich auf das Abendmahl beziehe, und fordert,
daß zwischen einer geistlichen und einer leiblichen Nießung des Leibes und des Blu-
tes Christi unterschieden werde. In enger inhaltlicher Anlehnung an das Bekenntnis
Seegers erklärt Rottach, daß das geistliche Essen, von dem Joh 6 spricht, nichts an-
deres als Glaube sei und natürlich keine Unwürdigen einschließe. Dagegen hätten
sowohl Würdige als auch Unwürdige Anteil am leiblichen Essen des Leibes Christi
im Abendmahl. Freilich empfingen die Unwürdigen nach Paulus in I Kor 11,29
Christus zu ihrer Verdammnis. Was die Stelle »das Fleisch ist nichts nütze« (Joh
6,63) angeht, die seine Gegner gerne als Beleg dafür zitieren, daß Christi Leib geist-
lich und nicht leiblich genossen werden müsse, macht Rottach darauf aufmerksam,
daß Christus dort nicht von seinem eigenen Fleisch rede, sondern »von vnsrem
flaisch, das in Adam verderbt jst worden«1. Hier werde gesagt, daß unsere Kraft
und Vernunft das Evangelium nicht verstehen könnten und auf den lebendigma-
chenden Geist angewiesen blieben.
Der dritte und letzte Einwand [75r-77r] seiner Gegner betrifft den vermeintlichen
Widerspruch zwischen der Himmelfahrt Christi und seiner von lutherischer Seite
behaupteten Ubiquität. Wenn Christus nach der Auferstehung und der Himmel-
fahrt zur rechten Hand Gottes sitze, wie könnten sein Leib und Blut im Abendmahl
gegenwärtig sein? Als Antwort darauf fordert Rottach seine Widersacher zunächst
auf, alle fleischlichen Gedanken aus ihren Herzen zu bannen. Christus habe durch
die Himmelfahrt nicht einen besondern Ort im Himmel eingenommen. Die Him-
melfahrt Christi sei vielmehr »ain verclerung vnd gwaltige erweysung seiner herli-
kait«2. Das Sitzen Christi zur rechten Hand Gottes besage, daß ihm nicht geringere
Gewalt gegeben sei, als Gott selber habe. Und da die rechte Hand Gottes sich an al-
len Orten befinde, so sei auch Christus an allen Orten gegenwärtig. Einer Anwesen-
heit des Leibes und Blutes Christi im Abendmahl tue seine Himmelfahrt also keinen
Abbruch.

2. Überlieferung
Der Edition liegt zugrunde: Straßburg StArch, AST 174 (Varia ecclesiastica IX),
Nr. 7, fol. 6yr-yyr. Es handelt sich um die Ausfertigung von der Hand Johannes
Rottachs, die am 29. November 1532 nach Straßburg geschickt wurde und die Bucer
später mit den Marginalien, die im folgenden textkritisch wiedergegeben werden,
1. Vgl. unten S. 224,5.
2. Vgl. unten S. 228,2.
 
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