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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 8): Abendmahlsschriften 1529 - 1541 — Gütersloh, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.29834#0256
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5. GUTACHTEN FUR DIE AUGSBURGER PREDIGER I 5 3 3

und beschwichtigenden Einfluß auf die dortige Kirche erhofft hatte, vermochte an
dieser von Zwietracht und gegenseitigem Mißtrauen gekennzeichneten Situation1
nichts zu ändern. Ebensowenig bewirkte eine Versöhnungspredigt Bucers am
17-Juni 1531 eine dauerhafte Beilegung des Konflikts.2 Zielscheibe der Angriffe
der um Keller gesammelten zwinglianischen Prediger war keineswegs nur die luthe-
rische Position. Bonifatius Wolfhart3, ein ursprünglich von Bucer empfohlener
Prediger, zögerte nicht, auch gegen Bucer Stellung zu nehmen, als dieser Konkor-
dienvorschläge unterbreitete, die Wolfhart als den Wittenbergern zu weit entgegen-
kommend empfand.4
Eine neue Dimension erhielt der Konflikt im Sommer 1533, als die Augsburger
Prediger in offenen Streit mit Luther gerieten.5 Der Wittenberger Reformator hatte
ein Vorwort für die deutsche Übersetzung der »Rechenschaft des Glaubens« der
Böhmischen Brüder verfaßt.6 In dieser Vorrede hatte sich Luther zu dem wohlwol-
lenden Urteil durchgerungen, daß die Böhmischen Brüder trotz unterschiedlicher
Formulierungen »doch im grunde eben mit uns helligen7 und gleuben, das im Sa-
crament der warhafftige leib vnd blut Christi empfangen werde«8. Diese Äußerung
Luthers griff Wolfhart auf, um von der Kanzel feierlich zu erklären: »Streitet nun
des Dr. Martin Luther Meinung nicht wider der Brüder Meinung, so streitet sie auch
nicht wider unsern Verstand, dieweil der Brüder Meinung unserm Sinn und Ver-
pitos nach Augsburg, wo er Prediger der Heilig-Kreuz-Kirche wurde; 1537 bis 1548 Domprediger
dort, wegen des Interims nach Bern gegangen, wo er 1563 starb. Zu ihm vgl. Dellsperger/Freuden-
berger/Weber, Wolfgang Musculus; Bodenmann, Musculus; TRE 23, S.439-441; Ficker/Winckel-
mann, Handschriftenproben II, Nr. 66.
1. Köhler, Zwingli und Luther II, S. 276 spricht von einem regelrechten »Abendmahlskrieg«.
2. Während seines Aufenthaltes in Ulm zur Einführung der Reformation (21. Mai bis 30. Juni
1531; vgl. BDS 10, S.69-71) machte Bucer einen Abstecher nach Augsburg, um diese Predigt über
Joh 17,17-21 zu halten; sie ist in BDS 4, S. 400-408 ediert; vgl. auch de Kroon, Augsburger Refor-
mation, S. 74 f.
3. Bonifatius Wolfhart (Lycosthenes), geb. um 1480/85, gest. 1543; 1517 an der Universität Basel
immatrikuliert, 1520 zum Mag. Phil. promoviert; Helfer an St. Aurelien in Straßburg ab 1527, zu-
gleich Hebräisch-Professor ab 1528; 1531 übernahm er eine Stelle als Prediger an der St. Anna-Kir-
che in Augsburg; er war einer der Unterzeichner der Wittenberger Konkordie 1536 (vgl. BDS 6,1,
S. 126,10 und 127,14). Zu ihm vgl. Wolfart, Biographie; Ficker/Winckelmann, Handschriftenproben
II, Nr. 64; de Kroon, Augsburger Reformation, S. 67, Anm. 32; Pollet II, S. 254-266.
4. Bucers Bereitschaft auf dem Tag zu Schweinfurt (vgl. oben S. 36-39), die Confessio Augu-
stana zu unterzeichnen, rief den Unwillen Wolfharts hervor. Er verfaßte am 12. Mai 1532 eine
scharfe, an die Straßburger adressierte Schrift (ediert in: Pollet I, S. 84-90); Bucer reagierte kurz dar-
auf mit einem umfangreichen, gutachtenartigen lat. Brief (ediert in: Pollet I, S. 91-122). Hierzu vgl.
de Kroon, Augsburger Reformation, S. 77 und Seebaß, Bucer und Augsburg, S.486.
5. Zum folgenden vgl. Roth, Augsburgs Reformationsgeschichte II, S. 103-106; Bizer, Studien,
S.62-65; Köhler, Zwingli und Luther II, S.281-284 und 313—315; Pollet I, S. 123-125; Friedrich,
Martin Bucer, S.96; Seebaß, Bucer und Augsburg, S.487; de Kroon, Augsburger Reformation, S. 78-
80; Wolfart, Augsburger Reformation, S. 61-65.
6. Die böhmischen Landstände widmeten das Werk dem Markgrafen Georg von Brandenburg
und ließen es Anfang 1533 m Wittenberg drucken (vgl. WA 38, S. 75 f.); Edition der Vorrede in: WA
38, S.78-80.
7. übereinstimmen.
8. WA 38, S. 78,24h
 
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