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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0180
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Wolfenbüttel

Da neme er das kind und teufe es und spreche:

Und ich teufe dich im namen des Vaters, des
Sohns und des heiligen Geistes. Amen.

Denn sollen die paten das kindlein halten in
der taufe und der priester spreche, weil er
ihm das westerhembde 91 anzeucht:

Der allmechtige Gott und Vater unsers Herrn
Jhesu Christi, der dich anderweit geboren hat
durch das wasser und den heiligen Geist und
hat dir alle deine sünde vergeben, der sterke
dich mit seiner gnade zum ewigen leben. Amen.

Friede sey mit dir.

Antwort: Amen.

Nachdem wir in dieser kirchen den exorcis-
mum behalten, sollen die prediger das volk
zun zeiten in der predigt erinnern, das der-
selbig nicht also verstanden werde, als solte
das kind durch den exorcismum und nicht durch
die taufe aus der gewalt des teufels genommen
werden, sondern das es allein sey ein erinne-
rung, in was grosser noth und jammer das
kindelein seiner sünden halben stecke, warumb
ihme die taufe nötig, und was durch dieselbige
bey dem kindlein außgerichtet werde.

Von der nottaufe.

Demnach an den hebammen gross und viel
gelegen und oftermals in stetten und dörfern
bey der nottaufe auch durch der hebammen und
frauen unverstand viel mißbrauchs gespüret
wird, so wöllen wir erstlich, das von allen amp-
ten jedes orts sampt dem pastor und den older-
leuten mit rath verstendiger frauen allenthal-
ben hebammen verordnet werden sollen, so gott-
fürchtig, vleissig, treu, düchtig sein und bey
jederman ein gutt gerücht haben; denn un-
düchtige, gottlose und verachte personen in
solcher zeit und fall viel unglücks stiften und
frauespersonen grossen schaden thun können.
Es sollen auch solche verordente hebammen
sich verpflichten, in der noth bey den frauen
keine abgötterey, segnerey oder zauberey zu

91 Taufkleid, vgl. Taufbüchlein. Bek. Schr. S.
541; ibid. 536, dazu Anm. 12.

gebrauchen, wie oftermals gespüret, sondern
allenthalben allein bey Gott durchs christliche
gebet hülf zu suchen und verordente christliche
mittel zu gebrauchen, • deßgleichen auch ver-
pflichtet sein, bey dem armen so vleissig, willig
und getreu zu sein als bey dem reichen, wie
denn billich.

Darnach wöllen wir auch, das die pastores
die frauen und verordenten hebammen in der
predigt und auch privatim mit sonderlichem
vleiß underrichten, wie sie sich in der zeit der
noth mit der taufe halten sollen, damit in dem
falle nichts geschehe, das unchristlich oder je-
mands ergerlich sey. Es soll aber in der unter-
weisung von nachbeschriebenen punkten gere-
det werden:

Erstlich, das sie nicht leichtlich ohne hoch-
dringende noth zur nottaufe eilen oder greifen
sollen, sondern sich, soviel als müglich und die
gelegenheit erleiden kan, bevleissigen, mit dem
fürderlichsten das geborn kindelein in die kir-
chen zu bringen, damit es vor der gemeine
öffentlich getauft werden möge.

Zum andern, das sie in zeit der noth, da es
mit der geburt schwerlich fellt und auch zu
befürchten, das die frucht nicht lebendig zur
welt kommen möchte, dennoch mit der nottaufe
verziehen sollen so lange, biß das kindelein
ganz und gar geborn und in die hende der
menschen gekommen. Denn soll die ander ge-
burt geschehen und ein mensch wiederumb neu
geboren werden auß dem wasser und heiligen
Geist, so muß die erste geburt auch volnkommen
sein und der mensch ganz auf die welt geboren
sein. Darumb soll auch in solcher not kein
theil des leibs getauft werden, sondern solche
leibsfrucht mit einem christlichen und gleubi-
gen gebet Gott befohlen und im nahmen Christi
gebeten werden, Gott wölle gnade verleihen,
das solche gegenwertige frucht in ihre hende
gegeben werden und also nach seinem befehl
und auf seine gnadenreiche zusage die heilige
taufe empfahen möge, wo nicht, das dennoch der

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