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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0181
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Kirchenordnung 1569

barmherzige liebe Vater sich der lieben frucht
in gnaden annehmen wölle umb seines gelieb-
ten Sohns Jhesu Christi willen. Amen.

Zum dritten, das sie auch, wenn die leibs-
frucht todt zur welt komen würde, dieselbigen
nicht teufen sollen; denn die taufe nicht vor
die todten, sondern vor die lebendigen verord-
net etc., item, das sie in solchem falle die todte
frucht one alle disputation auf den kirchoff
oder gottesacker begraben sollen und die eltern
trösten mit der grossen, unaussprechlichen gnad
und barmherzigkeit Gottes und nicht zweiveln,
solche leibsfrucht, die durch das gebet der
eltern und anderer Christen, so dabey gewesen,
Gott in seine gnade befohlen, sey auch von ihme
in dem namen Christi zu gnaden und ewigen
leben angenomen.

Zum vierten soll auch mit vorgemelten per-
sonen geredet werden, wie sie sich halten sollen,
wenn die hohe notturft erfordert, das das ge-
borne kindlein seiner schwacheit halben soll
und muß im hause getauft werden, nemlich,
da man in der eil nicht einen prediger darzu
haben kan (welcher, da es sich leiden wil, dar-
zu erfordert soll werden), das die frauen, so
da vorhanden sein, ein person, drey, vier, fünf,
sechsse oder mehr, Gott im himel anruffen
sollen und das kind, so getauft werden soll, in
seine zugesagte gnaden durch ein herzgründ-
lich gebet befehlen und darnach wasser nehmen
und das kindlein damit teufen im namen des
Vaters, des Sohns und des heiligen Geistes.
Amen. Auch nicht zweifeln, das kind sey recht
getauft, weil es nach Christi befehl getauft
worden.

Diese underrichtung soll oftermals geschehen,
wie zuvor vermeldet, damit auch in solchem
fall alles christlich zugehen möge.

Wir wöllen auch, das wenn ein kindlein also
in der noth getauft und im leben bleibt, den-
noch in die kirchen soll getragen werden umb
nachgesetzter ursach willen:

Erstlich umb der eltern willen, auf das diesel-
bige durch das öffentlich gezeugnisse des pasto-
ris mögen vorgewisset werden, das ihre kindlein,
so in der noth nach Christi befelch getauft, recht

getauft und derhalben durch die empfangen hei-
lige taufe warhaftigen in der zall der gemeine
Gottes eingeleibet und angenommen und von
allen ihren sünden abgewasschen sein, auch zu
kinder Gottes und in Christo Jhesu zu erben
aller himlischen güter worden.

Zum andern auch umb der lieben kindlein willen,
so in der not getauft sein, auf das dieselbigen
hernachmals von der gemeine Gottes ihrer emp-
fangenen taufe desto mehr zeugniß haben mögen
und sich derselbigen in allen anfechtungen und
anliegen desto gev/isser zu trösten haben.

Zum letzten auch umb der gemeine Gottes
willen, auf das die durch solche öffentliche be-
stettigung solcher nottaufe, so von frauen ge-
schehen, erirmert werde, das man in den hei-
ligen sacramenten für allen dingen achtung
geben solle auf die einsatzung Jhesu Christi,
und da dieselbige gehalten wird, da sey an
den sacramenten und ihrer kraft nicht zu zwei-
feln; denn die sacrament ja nicht gebunden an
sonderliche örter, stand, condition, wirdigkeit
oder unwirdigkeit der personen oder andere 'auß-
wendige circumstantias, sondern alleine auf die
einsetzung des Herrn Jhesu Christi und auf Got-
tes befehl und zusage.

Umb dieser jetzt gemelten ursache willen wöl-
len wir, das auch nach empfangener nottaufe
die kindlein, wenn sie im leben bleiben, in die
kirchen und versamlung der gemeine sollen ge-
bracht werden etc.

Und wenn das geschicht, alßdann soll der
pfarrher oder kaplan die leute allenthalben
vleissig fragen:

Erstlich, ob das kind getauft sey?

Wird nun geantwortet:

Ja.,

So frage der pfarherr ferner:

Durch wen ist solches geschehen, und wer
ist dabey gewesen?

Spricht denn jemand:

Die und die person N. und N. sind dabey ge-
wesen, und die person nat dem kinde die taufe
gegeben.,

So frage er weiter:

Womit habt ihr getauft?

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