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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0246
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Wolfenbüttel

Und nachdem wir befinden, das ungleicheit
in der lehr, autoribus und modo docendi der
jugend an ihren studien in viel weg hinderlich,
sein wir der jugend zu gutem und gnaden be-
weget und verursachet worden, ein gleich-
messige schulordination mit underschiedlichen
abtheilung in classes, decurias, gewisse autores,
horas, repetitiones und dergleichen, darnach sich
die preceptores alle richten und dieselbigen mit
nichten ihres gefallens endern sollen, auch also
alle schulen auf einander correspondieren be-
greifen lassen. Und wiewol dieselbig einfeltig-
lich gestelt und ein kindisch ansehens haben
möcht, so gedenken wir doch, es werde ein
jeder, welcher diß werk recht bewegen wird,
leichtlich die ursachen bey ihme selbs ermessen
und verstehen, das in kindischen sachen und
gescheften auch einfeltiglich zu handeln sey und
das ohne solchen kindischen anfang das mehrer
nicht zu erlangen.

Dieweil aber nicht bey jeden unsern schulen
diese unsere schulordnung mit allen classibus
auß mangel der pedagogen und auditoren genz-
lichen und volnkömmenlich anzurichten und der-
wegen an etlichen örtern allein die inferiores
classes gehalten werden mögen, auch nicht ge-
rathen, die jungen gleich a primis rudimentis,
zuvor und ehe sie ihre grammaticalia wol, die
praecepta dialecticae und rethoricae aber zim-
lichen ergriffen, zu einer universitet oder hohen
schul also jung zu schicken, so seind wir dem-
nach entschlossen, unserer landschaft kindern
zu gnaden in unserer statt N. 28 ein sonder paed-
agogium mit geschickten pedagogarchen anzu-
richten lassen, darin alle classes und derselben
lectiones durch gelerte praeceptores nach not-
turft gehalten, auf das die knaben, so man
nicht gleich, zuvor und ehe sie in der gram-
matic, dialectic und rethoric fundiert, auf ein
universitet verschicken wolte, daselbsten proce-
dieren und ihre studia continuiren. Das auch
den armen unvermüglichen knaben, so gute und
fruchtbare ingenia, geholfen und die befürdert

per gradus profectum studiorum, schaffen und
fortfahren mögen, gedenken wir etlichen, so
von den ringen particularschulen sich in ge-
dacht unser paedagogium begeben und der fünf-
ten oder zum wenigsten der vierten classen
fehig, ein subsidium oder hulf auß unserm ge-
meinem kirchenkasten geben und reichen zu
lassen, so lang biß sie weiters promovieren.

Zudem und auf das, soviel müglich, unser
armen landschaft und dero kindern, so sie zur
schul erzogen, die hand gebotten und gehulfen
werde.haben wir auch in unsern klöstern, doch
underschiedliche schulen verordnet, desgleichen
auch etliche stipendia aufzurichten bedacht, der
ursachen, damit den armen unsern landkindern,
so zum studieren geneiget, gradatim geholfen
und von den particularschulen die armsten,
denen ihre eltern gar nicht zu helfen, wo sie
anderst der ordination nach qualificiert, in
solche klosterschulen eingenommen, auch so
sie bey denselben oder in unserm paedagogio
zu N. procedierten, in gedacht unser stipendium
zu fürdern weren und also nach und nach
hülf haben, ihre studia ihnen selbst und dann
der kirchen Gottes zu nutzen, fürstand und
wolfart absolvieren mögen.

Als wir auch etliche namhafte und volk-
reiche flecken in unserm fürstenthumb und ge-
meinlich hertschaffende underthonen haben, so
ihrer arbeit halber nicht alle zeit, wie noth,
ihre kinder selbs underrichten und weisen kün-
nen, damit dann derselben arbeitenden kinder
in ihrer jugend nicht versaumbt, fürnemlich
aber mit dem gebet und catechismo und dar-
neben schreibens und lesens ihren selbs und
gemeines nutzes wegen, desgleichen mit psal-
men singen dester baß unterricht und chri-
stenlich auferzogen, wöllen wir, wo biß anhero
in solchen flecken küstereyen gewesen, das da-
selbst deudsche schulen mit den küstereyen
zusamen angericht und darauf zu versehung
der deutschen schulen und küstereyen von
unsern verordenten kirchenrethen geschickte

28 Gandersheim, vgl. S. 88, Anm. 13.

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