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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0313
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Klosterordnung 1569

oder mutter lernen kan, wenn es gleich kein
schuel ,niemals gesehen hat.

Im andern capitel sind begriffen die zwölf
artickel o3a rmsers allgemeinen catholischen und
apostolischen, christlichen glaubens 54, von Gott
dem Vater, Son und heiligem Geist, der also
lautet: Ich gleub in Gott Vater, allmechtigen,
schöpfer himels und der erden. Und in Jhesum
Christum, seinen einigen Son, unsern Herren,
der (empfangen ist vom heiligen Geist, geborn
aus .Maria, der jungfrauen, gelitten unter Pontio
Pilato, [gekreuziget, gestorben und begraben, ab-
gefahren zu der helle, am dritten tag wider auf-
erstanden von den todten, aufgefahren gen
himel, sitzet zu der rechten Gottes des allmech-
tigen Vaters, von dannen er komen wird, zu
richten die lebendigen und die todten. Ich gleube
in den heiligen Geist, eine heilige, catholische,
christliche kirche, gemeinschaft der heiligen,
vergebung der sünden, auferstehung des flei-
sches und ein ewiges leben. Amen. Diese kurze
einfeltige artickel leren uns, was wir von Gott
gleuben und halten sollen, nemlich und in einer
summa, das ein einiger Gott sey, soviel sein
natur und wesen belanget, in welchem einigen
unzertrenneten, ewigen, göttlichen wesen drey
unterscheidene personen sind: Vater, Son und
heiliger Geist. Der Son vom Vater von ewigkeit
geborn, von welchen beiden der heilig Geist aus-
gehet, gleicher majestet und herrligkeit, der
himel und erden und das meer und alles, was
darauf und darinnen ist, aus nichts, sonderlich
aber uns menschen in vollkommener gerechtig-
keit und heiligkeit erschaffen hat.

Nachdem wir aber in solcher gerechtigkeit und
heiligkeit nicht bestanden, sondern durch uber-
trettung des gebots Gottes unsere erste eltern
Adam und Eva sich an Gott versündigt [Gen. 3;
1. Tim. 2, 14], haben sie nicht allein für ihr
person solche gerechtigkeit und heiligkeit ver-
lom, sondern auch auf alle ihre nachkomen

53a Nach der Legende hat jeder der zwölf Apo-
stel einen Satz des Apostolikums formuliert;
vgl. A. Hahn, Bibl. d. Symbole, 3. Aufl. 1897,
S. 52 f.

gebracht, das unser natur in mutterleib verderbt,
sündig und unrein [Ephe. 3 = Eph 2, 1—3;
Rom. 5, 12 ff.; Psal. 50 = 51, 7], und wie David
sagt, wir alle aus sündlichem samen gezeuget
werden, zu welchem Gott gleich in ;md von
mutterleib an ursach hat, uns mit leib und seel
in das ewig hellisch feur zu werfen [vgl. Ephe. 2,
1-3],

Da wir nun also verderbt gewesen, das wir
uns aus dem gerechten zorn Gottes, helle und
ewiger verdamnis nicht kunten erledigen, leret
uns unser catholischer, apostolischer, christlicher
glaub, wer uns aus alle diesem jamer erlöset
habe [Rom. 3, 22—28; 5, 6 ff.]: nemlich unser
lieber Herr Jhesus Christus, der ewig Son Gottes,
der an unser armer sünder stat ist getretten 55,
und nachdem der Vater die sünde nicht ver-
geben wollen, es were denn zuvor seiner gerech-
tigkeit gnug geschehen, ist er umb unserntwillen
ein warhaftiger mensch worden, aus dem hei-
iigen Geist empfangen und von der hochgelobten
jungfrauen Maria ein warhaftiger mensch ge-
born .[Matth. 1, 18 ff.; Luc. 2, 1—20], rein und
heilig, und alles das unter dem richter Pontio
Pilato gelitten [Matth. 27], was wir mit unsern
sünden .verschuldet und auch leiden solten, nem-
lich das er als ein ubeltheter gefangen und ge-
bunden, verspeiet, verachtet und geschlagen,
durch idas concilium zu Jerusalem als ein ketzer,
verfürer und gotteslesterer verdampt, desglei-
chen )für den weltlichen richter Pontium Pilatum
gefüret, als ein aufrührer verklaget, gegeisselt,
mit idörnen gekrönet [Joh. 19, 1 ff] und zum
schmeligen, schmerzlichen tod des kreuzes ver-
urtheilet worden, dessen seele bis in den tod
betrübt und die angst desselben ihme den blu-
tigen schweis ausgetrieben, das ihn die schrecken
und ibande der hellen umbgeben und in so tiefer
angst gesteckt, das er am kreuz mit lauter
stimme ruffet [Matth. 27, 46], Mein Gott, mein
Gott, warumb hastu mich verlassen? Da sich

54 a. R.: II. Das ander stück der christlichen
lehr ist der glaube.

55 a.R.: Wodurch die Christen vergebung der
sünden gleuben und erlangen.

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