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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0316
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Wolfenbüttel

gute gedanken schaffet und gute werk wirket,
darumb :er aber gebeten sein wil.

Desgleichen auch, das wir ihme vertrauen nicht
allein die leibesnarung, das, wie er uns erschaf-
fen, auch bis auf das bestimpte stündlein misers
todes veterlich ernehren und erhalten werde,
sondern auch unser seelen heil und seligkeit,
das er uns gewislich umb des Herrn Christi
bitter leidens und sterbens willen alle unser
schult schenken und nachlassen und alle sünde
aus lauter gnad und barmherzigkeit verzeihen
werde, das er uns auch in den schweren an-
fechtungen des leidigen teufels, der welt und
unsers eignen fleisches mit der kraft seines
heiligen Geistes beystehen und aus allem ubel
und elend entlich mit gnaden erlösen und uns
darinnen nicht verderben lassen werde. Das ist
abermals nicht unsers vermögens noch eines
menschen, sondern allein Gottes werk, wie aber-
mals der apostei bezeuget [Phil. 1, 29]: Euch,
spricht er, ist gegeben umb Christus willen, das
ihr nicht allein an ihn gleubet, sondern auch
.umb seinentwillen leidet.

Weil es denn alles zumal, was wir gleuben
und thun sollen, Gottes gabe und nicht unser
eigen werk ist, so wil auch der Herr umb solche
gnad gebeten sein.

Derhalben hat unser Herr Christus solchs alles
in ein kurz gebet 64 verfasset, darinnen nichts
vergessen ist, welches ein jeder einfeltiger
mensch gar bald lernen und daraus merken kan,
das er in allen seinen nöten allein Gott anbeten,
auch wie er mit ihme reden und was er von
ihme bitten sol, damit er nichts unterlasse und
doch auch wider den willen Gottes nichts bitte.

Und ist in warheit dis kurze gebet das aller-
vollkomnest gebet 65, das in der ganzen heiligen
schrift altes und neues testaments mag gefunden
werden, ja, was sonst stücksweise in den psal-
men (und andern gebetlein der lieben altveter
gesetzt, das ist hie alles mit besonderm vleis
zusamengetragen und in einer kurzen summa

64 a. R.: Nützliche form des gebets.

65 a. R.: Das Vater unser ist das vollkomnest
gebet.

begriffen, das wer solchs in seinen fürfallenden
teglichen anfechtungen und anliegen aus rech-
tem glauben und vertrauen auf unsern Herrn
Jhesum Christum sprechen kan, an der gnedigen
und veterlichen zusagung Gottes nicht zweifeln,
sondern gewis sein sol, das ihme Gott seine
bitte, die er nach seinem göttlichen willen ge-
beten, gewislich geben werde.

Im vierden capitel der leyenbibel ist beschrie-
ben die heilige taufe 66, welche unser Herr Chri-
stus anstat der beschneidung im neuen testa-
ment eingesetzt hat [Col. 2, 11 ff.] und be-
fohlen, alle völker zu teufen im namen des
Vaters und des Sons und des heiligen Geistes
[Matth. 28, 19], und versprochen, welcher gleube
und getauft werde, der sol selig werden
[Marc. 16, 16],

Mit welchem sacrament der Herr Christus
seine warhaftige verheissung und gnedig zu-
sagung hat wollen bestettigen 67, versiegeln und
zum allerbesten versichern, das nemlich sein
himlischer natürlicher Vater werde auch aus
gnaden uns alle, die wir busse thun, reu und
leid uber unsere sünde haben, für seine liebe
kinder halten, er wölle unser erlöser und selig-
macher sein, der mit seinem blut alle unsere
sünde vollkomen gebüsset und dieselbige, wenn
wir getaufet werden, wie der prophet Micha
sagt [Mich. 7, 19], in die tiefe des meers wirft,
verzeihet und vergibet und derselben in ewig-
keit umb sein selbst [Esa. 43, 25; Tit. 3, 5—7],
das ist, umb seines bitter leidens und sterbens
willen, mit ungnaden nimermehr gedenken wil,
desgleichen, das er uns auch mit der kraft
seines heiligen Geistes begaben und sterken
wölle, 'damit wir alle die tag unsers lebens wider
den leidigen sathan streiten und durch seine
gnad auch endlich uberwinden mögen, welches
alles er uns in der heiligen taufe versichert, und
demnach ihm so gewis zutrauen sollen, so gewis
wir in seinem namen mit wasser an unserm
leibe sind begossen worden.

66 a. R.: IV. Das vierde stück der christlichen
religion ist die taufe.

67 a. R.: Nutz und trost der taufe.

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