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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0484
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Braunschweig

sondern so ein erbarer rath sich bedunken ließe,
wir gingen mit unserm ministerio nicht richtig
umb, es geschehe darinne zu viel oder zu weinig,
daß darauß der kirchen ein unrath entstehen
muchte, hette ein ehrbarer rath fuge, recht und
macht, unß zu besprechen und mit unß zu re-
den, alleine daß freundlich und ohne verbitte-
rung geschehe und daß dajegen ein ehrbarer
rath unsern bericht auch horen wolte, und da
wir auß Gottes worte gutem grunde konten an-
zeigen und darthun, daß man unß dabei unbe-
raubt und ungehindert wolte bleiben und geweh-
ren lassen.

Es musten mir auch meine hern, ein ehrbarer
rath, gunstiglich zu gute halten, daß ich itzund
libere anzeigen, waß meine notturft were. Es
hette die kirche vor der zeit- einen superinten-
dentem gehabt, der hette auch Martinus gehei-
ßen, nemlich den fromen gotseligen Goroli-
tium 15, und weil man ahn ihm gemerket, daß
der gute man nicht alle tage ein lauwenherz ge-
habt, wo etwaß zu verantworten gewesen, hat
man ihn ofte jemmerlich und erbarmlich auß-
gepanzerfeget 16, und do man trauwen mit mir
auch also gedechte und wolte umgehen, wehre
kein beßer rath, den man ließe mich itzund gun-
stiglich ziehen. Den ich sonst mein ampt nicht
wuste zu fuhren, auch wurde es dem zum ver-
druß geschen, deß daß ministerium eigentlich
ist.

Waß daß straffampt belanget, sonderlich wen
die obrigkeit auß Gottes worte solte gestraffet
werden, were es jo alle wege also gehalten„
wen etwaß furviele und irregienge, daß noch
nicht rucht und offenbar were, wurde solliches
mit meinen hern personsweise geredet, wo et-
waß zweifelhaftig und ungewisse furfiele, wor-
den meine hern darumb gefraget, wie auch im
generali colloquio mit den kastenhern deß jars
zwiemall gerathschlaget wurde, waß etwa ahn
einem ehrbaren rath zu bringen were.

15 Vgl. S. 12 u. Anm. 5.

16 Vgl. Ph. J. Rehtmeyer III, S. 86 f., 160 f.; J.
Beste, Geschichte, S. 30.

Waß aber offentlich sunde sind, die musten
nach Pauli lehr auch offentlich gestraffet wer-
den, es betrieffe großen Hanß oder kleinen Hanß,
obrigkeit oder untertanen, und solte es ein er-
barer rath es nicht also aufnehmen und deu-
ten, als gesche solliches ihrem ampt und per-
sonen zur verkleinerung, den weil obrigkeit ein
gar sweres ampt tregt, dorein leichtlich etwaß
verseumet und versehen kan werden, hette un-
ser Herr God alzeit den konigen die propheten
zugeordnet, daß dieselbigen auß Gottes worte
die obrigkeit immer ihres ampts erinnern, ver-
manen und straffen solte, so konte auch christ-
liche obrigkeit ihres swerdes zu straffen mit
mehrer freidigkeit und großerer autoritet ge-
brauchen, wen Gott durch sein wort daß swert
selbst umbgortete. Es wurden auch die unter-
tanen mit mehren gedult und gehorsam in ihrer
obrigkeit straffe sich angeben, wen sie horen,
daß Gott durch sein wort die obrigkeit ernstlich
darumb anspricht und straffet, so worde auch
kein aufruhr dorauß, wen die obrigkeit christli-
cherweise nach Gottes befelh, wo sie strafflich
ist, gestraffet wurde, sondern darauß entstunde
aufruhr, spricht Lutherus 17 uber Ps. 101: wenn
man alleine dem gemeinen man alzeit mit dem
straffampt auf dem halse liggen will und die
großen hern will man nicht mit einem finger-
lein, da sie geleich straffleich sein, angreifen.
Wen derhalben gemelter maße und weiße das
straffampt gefuhret wurde, wolten meine hern
fleisch und blut sich nicht ubereilen laßen und
solliches heißen auf die obrigkeit stenkern oder
nach aufruhr predigen.

Waß sonst belanget daß straffampt gegen
die ander unsere zuhorer, wolten wir unß nach
Gottes worte und befehlich verhalten und wolte
unß unse christliche obrigkeit gunstiglich die
hand bieten und uber unser ampt halten moge.
Dazu dan solliche rede, so zu zeiten fallen, nicht
dienen: Die prediger thun ihm nicht anders, sie

17 Auslegung des 101. Psalms. 1534—1535; WA 51,
S. 219 f.

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