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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0486
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Braunschweig

da mit der kirchen noch nicht versonet sind.
Andere werden dadurch in ihren vorsatz ge-
sterket, und die gefallene personen selbest kom-
men also zu keiner warhaftigen buße, sonderen
fallen immer auß einer sunde in die andere.
Nim weisen uns christliche juristen in ihren ur-
theilen selbest den weg, wie neuwlig mit Lang-
kopff 22 geschehen, welcher zu recht absolvieret
ist mit der angehengeten condition, daß er sich
mit der christlichen kirchen versonen solte,und
ist derselbige auch ganz willig und unbeschwe-
ret gewesen, auch haben wir ihn nicht vor der
ganzen gemein wollen vorstellen, weil es vor
nie geschehen, sonderen haben ihn mit seinen
beystande vor unser colloquium furgestellet und
dazu gefordert, die kastenherren nomine ec-
clesie, und ihme daselbest furgehalten seine sun-
de, zur besserunge vermahnet, seine bekentnuße
gefordert, ob ihme solche seine sunde leid we-
ren, ob er sich auch mit Gotte und der kirchen,
so er geergert, wolte versonen, wie er sich dar-
auf richtich und christlich erkleret, haben wir
ihn von der ganzen kirchen wegen wiederumb
aufgenohmen- und damit an seinen beichtvater
geweiset. Er hat auch selber begeret, daß man
in gemein fur ihm bitten wolte. Daß ist den ge-
fallen personen nutz, ist Godt, alß von ihm be-
fohlen, angenehm und dienet der ganzen kir-
chen zur erbauwunge und besserunge. Ist auch
hoch notig, weil alle sunde und schande uber-
hand nehmen. Wir wollen uns befleissigen, die
disciplinam recht nach Gottes wort zu der kir-
chen erbauwunge zu fuhren und wollen solches
nicht einmengen in der obrigkeit ampt, sonderen
bitten, das unsere obrigkeit in dem uns nicht

22 Tile Langkopf, ein Bürger aus dem Hagen,
beging 1567 einen Totschlag. Er wurde frei-
gesprochen mit der Bedingung, sich wieder
mit der Kirche zu versöhnen. Am 13. Sept.
wurde er vor das Kolloquium zu St. Catha-
rinen gefordert, wo er die Versöhnung be-
gehrte, die ihm auch gewährt wurde. Vgl.
Ph. J. Rehtmeyer III, S. 308.

23 Johann Kaufmann, damals Prediger an der
Kirche zu unserer lieben Frauen, war schon
in den 20er Jahren ein eifriger Förderer der
Reformation in Braunschweig gewesen. Er

hinderen, sonderen forderlich sein wollen, denn
wo sonst unsere zuhorer vermerken wurden, daß
.unsere obrigkeit mit der kirchen disciplin nicht
zufrieden, was darauß fur verachtunge unsers
ministerii erfolgen wurde, durfte nicht viel
disputierens. Diß were also nichts neuwes, noch
gefehrliches, und ich zweifele nicht, ein ehr-
barer rath werde sich darauf christlich erkleren,
den da keine kirchendisciplin solte gehalten wer-
den, wuste ich nicht do ampt zu fuhren, den
sonst der rohe haufe die gemeine straffpredigen
nur verachten.

4.] Waß daß colloquium belanget, daß ein
ehrbarer rath daruber halten wolte, das darin-
nen die gotselige einigkeit, daran der ganzen
stadt gelegen, mochte erhalten werden, die per-
sonen deß colloquii mit ihrem ampt ehren, for-
deren und schutzen, keinen prediger vocieren
ohn consens des colloquii, keinen annehmen,
man habe dan der lehre halben im colloquio
nach notturft mit ihm beredet. Auch wiederumb
keinen enturlauben oder seines ampts entset-
zen, es geschehe den mit wissen und consens
des superintendenten und des ganzen colloquii.
Und do im colloquio ein oder mehr trennunge
wurden suchen oder anrichten, belangend die
lehre oder die concordiam, das die herren in
weichbilden den oder dieselbigen nicht wolten
darin sterken, schutzen oder forderen, dem collo-
quio zuwieder und zu verdruß, wie im anfang
mit dem H. Kauffman ad beatam virginem 23
geschehen und auch mit M. Becker vurhanden
war. Sonderen do die herren in weichbilden
vermeinten, daß ihre prediger im colloquio zur
unbilligkeit beschweret wurden, daß sie derhal-

hatte sich dann aber dem Zwinglianismus zu-
gewandt und es verstanden, einen großen Teil
des Volkes für sich zu gewinnen. Durch den
Augsburger Reichstag war seine Position ge-
schwächt worden, so daß er 1531 zusammen
mit anderen Predigern ein von Luther ge-
billigtes Bekenntnis vom Abendmahl unter-
schrieb. Vgl. Ph. J. Rehtmeyer III, S. 23 ff„
75 f., 78, 82, 97 f.; vgl. das Bekenntnis ibid.
Beylagen, S. 16 ff.; vgl. auch J. Beste, Ge-
schichte, S. 13, 29 ff.; Album, S. 105.

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