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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0633
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Klosterordnung 1555

auf, ich bin auch ein mensch, als wolt er sagen:
diese ehre gehoret Gott zu und nicht den men~
schen.

Also thut auch der engel Gottes, Apocal. am
letzten capitel, do Johannes ihme zu fusse fiele,
ihnen anzubeten, sagt er ihme [Apk 22,9]: Siehe
zu, thu es nicht, dan ich bin dein mitknecht
und deiner brüder, dec propheten. Bette Gott
an!, welchen spruch S. Augustinus De vera rel.,
cap. 55 9, do er die anrüffung der heiligen wider-
fechtet, anzeucht und sagt: Die engel lieben wir
und ehren sie mit liebe, nicht mit dienstbarkeit.
Item an einem andern ort 10 spricht er auch:
Die heiligen sein zu ehren mit der liebe und
geselschaft, wie auch hie in diesem leben die
heyligen geehret werden, aber mit der ehre,
die allein der gottheit zugehoeret, soll alleine
Gott geehret werden.

Also auch verdammet ehr im 96. psalm 11 die
falsche ehre der heiligen und zeucht an das
14. cap. in Actis apostolorum vom Paulo und
Barnaba und beweyset, das die engel und hey-
ligen nicht wollen also geehret und als gotter
angebettet sein.

Das aber auch der heyligen verdienste den
menschen nichts hülflich, noch zur seligkeit fur-
derlich sey, sonder das es allein der verdienst
Christi gethan habe und thue, bezeuget Gott
selbst und die heylige schrift.

Dan alle heylige sein sünder gewesen und
haben der gnaden Gottes bedurft, ohne die-
selben haben ihnen ihr verdienst selbst nichts
helfen konnen, noch sie selig worden, dan der
prophet David sagt am 51. psalm [7], er sey aus
sundlichen sahmen gezeuget, seine mutter habe
in sünden empfangen und geboren.

Item Moises sagt Genesis am 6. [5] und 8.
cap. [21], das des menschlichen herzen dichten
und trachten boeß sey immerdar von jugend
auf und wir sein alle kinder des zorns, und zum

9 De vera relig. 55, 110; MSL 34, 170.

10 C. Faustum Manich. XX, 21; MSL 42, 384 f.
CSEL 25, 562: colimus ergo martyres eo
cultu dilectionis et societatis, quo et in hac

vita coluntur sancti homines dei... at illo

Eph. am 2. cap. [3]: Und ist keiner, der guts
thut und nach Gott frage, auch nicht einer,
Psalm 14 [3],

Sein alzumal sünder und mangeln des rüms
vor Gott, Röm. 3 [23], Und niemand kan sagen:
ich bin rein in meinem herzen und lauter von
meiner sunde, Proverbiorum am 20. cap. [9]. Ja,
wen wir sagen, das wir nicht sünde haben, so
betriegen wir uns selbs und ist die warheit
nicht in uns, 1. Joh. 1 [8]. Darumb mussen wir
alle betten, wie uns Christus Matth. am 6. [12]
geLernet hat: Vorgib uns unser schüld. Und alle
heyligen mussen betten vor ihre sünde, Ps. 32
[5 f.]. Darumb auch David am 143. psalm [2]
bittet, das Gott nicht mit ihne wolle in das
gerichte gehen, dan vor seinen angesicht wurde
kein mensch rechtfertig gefunden. Weil dan die
heyligen selbst sünder gewesen und sich keines
verdienstes zu ruemen gehabt, so kan viel we-
niger uns derselbig zu gutem kohmen und wir
umb desselbigen willen etwas von Gott bitten.
Aber der verdienst Christi ist, der uns selig
machet, wie S. Peter in Actis apostolorum am
10. [43] sagt, das von ihme alle propheten be-
zeugen, das wir vergebung der sunden durch
seinen nhamen haben, alle, so an ihnen glau-
ben, und ist sonst kein nhame unter dem hiemel,
dardurch wir selig werden dan der name Jesu
Christi, Act. 4 [12]. Er ist das lamb Gottes, das
der welt sunde tregt, Joh. 1 [29], Und hat sich
selbs vor uns gegeben, uff das er uns erloset
von aller ungerechtigkeit, Tit. 2 [14]. Sein blut
macht uns rein von allen sünden, 1. Joh. 1 [7],
Darumb ist ausserhalb Jesu Christum kein ver-
dienst, der vor Gott bestehen mag und uns Got-
tes gnade und seligkeit erwerben konne, der-
wegen sagt S. Paulus [Rm 3,23—25]: Sie seind
alle sunder und mangelen der heiligkeit, die
Gott fordert, sie werden aber gerecht geschatzet
ohne verdienst aus gnaden durch Jesum Chri-

cultu, quae graece Xaxpsta dicitur, latine uno
verbo dici non potest, cum sit quaedam
proprie divinitati debita servitus, nec coli-
mus nec colendum docemus nisi unum deum.

11 Enarratio in Psalmum 96, 12; MSL 37,1245 f.

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