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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0636
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Lüneburg

uber vier wochen uff einmahl ohne bewilligung
der dominae aus dem kloster bleibet, die soll
furder nicht wider darin genommen werden.

Zum funften, nachdem allerlei ansuchung von
einnemung der kinder geschehen und aber die
vielheit der kinder dem kloster beschwerlich
und den klosterpersonen zu unruhe gelanget,
so soll hinfurder folgende masse darinne ge-
halten werden, nemlich:

Das keine auslendische kinder sollen in die
kloster dieses furstenthumbs ohne befelich der
herrschaft genommen werden. Aber weil die
kloster anfenglich zu zucht- und lehrschulen,
darirme die jugend uffgezogen mocht werden,
gestiftet sein, so mogen kinder, die ihre eltern
im furstenthumb gehabt oder noch haben, zur
lehre und zucht in die kloster genomen und
gelert werden. Es soll aber darinnen die mass
gehalten werden, das auf eine zeit und zugleich
nicht uber zehen kinder in einem kloster sein.

So soll auch kein kinde, das im kloster nicht
bleiben wird 30, uber drei jahr im kloster gelas-
sen werden, domit andere solcher gutthat auch
geniessen mögen. Und sollen solche kinder zu
christlicher lehre, zucht und jungfrauenarbeit
durch diejenigen, denen sie bevolen werden, ge-

30 In einer der niederdeutschen Fassungen heißt
es: „will“.

31 In der gleichen, vorgen. Fassung heißt es
hier: „aver“.

32 In der unadressierten Fassung heißt es: „die
sollen einen schwarzen, unbesetzten und un-
zerschnitten rock tragen“. — Ein weißes
Ordenskleid gehörte zur Tracht der Zister-
zienserinnen und war daher für die Norrnen
zu Isenhagen und Wienhausen die gewöhn-
liche Kleidung, vgl. M. Heimbucher, Die Or-
den und Kongregationen usw. 3 I. 1933, S. 361.
Ein schwarzes Gewand trugen die Benedik-
tinerinnen, sofern ihre Kleidung nicht im
Zuge des allgemeinen Verfalls der Kloster-
disziplin verweltlicht war und sich im Gegen-
satz zur eigentlichen Sitte des Ordens be-
fand. So kam es auch vor, daß die Benedik-
tinerinnen weiß gekleidet waren. Vgl. F. v.
Sales-Doye, Fleilige u. Selige usw. II. 1929,
S. 811 f. u. Tafel 119; St. Hilpisch, a.a.O. S. 77
u. 86. In Kloster Lüne ist die Aebtissin Doro-
thea v. Meding (1580/1634) auf einem Bild in

halten und underwiesen und ihnen der catechis-
mus, das neue testament, psalm und andere
christliche bucher zu lesen furgegeben werden.

Solche kinder sollen allezeit in die predigt
gehen und mit fleiss underwiesen werden, das
sie das heilige sacrament nach der einsetzung
und bevelich Christi empfahen. Welche kinder
dann 31 von ihren eltern in das kloster gethan
werden, das sie darinne bleiben sollen, und uber
zwolf jahr alt sein, die sollen einen weissen
rock, wie gewonlich, tragen 32 und sich der
bunten kleider und geschmucks eussern, idoch
sol denselbigen unbenomen, sonder frei sein, das
sie das kloster widerumb vorlassen und sich in
andern christlichen stande begeben mogen.

Zum sechsten sollen die megde des klosters
gemein und der dominae 33 und denen jung-
frauen, die ambte und befelich haben, gehorsam
sein und soll keine gemeine jungfrau 34 eine
eigen magd haben 34a, sonder der megde in ge-
mein zu einer jeden notturft gebrauchen, domit
ungleicheit und widerwil verhutet werde.

Aber die rnegde, die in die kuchen oder andere
sonderliche ambte oder dienste verordnet sein,
die sollen desselbigen mit fleiß wahren und der
dominae und kuchenmeisterin und anderenjung-

der Tracht der Benediktinerinnen des aus-
gehenden Mittelalters dargestellt, und zwar
in dem regulären schwarzen Gewand, vgl.
E. Nolte, Aus dem Kloster Lüne, Festblätter
d. Museumsver. f. d. Fürstentum Lüneburg,
Nr. 3. 1932, S. 29 f. — Auch die Kanonissen
trugen zuweilen ein schwarzes Ordenskleid,
vgl. F. v. Sales-Doye, a. a. O. II, S. 828 u.
Tafel 131.

33 In den niederdeutschen Fassungen heißt es:
„De megede der gemeine des klosters schollen
der dominae ...“

34 Niederdeutsche Fassungen: „unde schall nene
junkfrau, de nein ampt hefft,“.

34a Der allgemeine Verfall des Klosterwesens
hatte häufig dazu geführt, daß auch die
Nonnen nach dem Vorbild der Kanonissen
(vgl. oben S. 303, Anm. 1) Privatvermögen
und eigenes Einkommen besaßen und davon
eine Dienerin bestritten; vgl. St. Hilpisch,
a. a. O. S. 65 ff., für die Zisterzienserinnen
M. Heimbucher, a. a. O. I, S. 358.

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