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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0651
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ins 17. Jh. und weiter reichend (vgl. hierzu noch die Angaben bei IVrede, S.191f.). Neben
dem A r m e n kasten, dessen Einrichtung Urbanus Rhegius bereits voraussetzte, hatte er noch
die Einrichtung 'eines Kir ch e n kastens empfohlen, aus welchem die Prediger und sonstigen
Kirchen- und auch Schuldiener ihre Besoldung erhalten sollten. Zu diesem liegen im Stadtarchiv
Lüneburg seit 1539 Rechnungsbücher vor.

Zu dem überaus reich ausgestatteten Hospitalwesen in Lüneburg, schon vom Mittelalter
her, an dem der Rat führend beteiligt war, vgl. Zechlin, auch Reinecke (I, S. 113 ff.,
II, S. 16 ff.). Um 1500 erbaute der Rat zu den zahlreichen vorhandenen Hospitälern noch
das Gralhospital, auch „Haus der Barmherzigkeit in dem Gral“ genannt (vgl.. Z e chlin, S.13).
Ursprünglich für „arme, kranke, elende Leute“ bestimmt, diente es doch mehr und mehr zur
Unterkunft für Prövner und Prövnerinnen (vgl. Reinecke II, S. 24 f.) und erhielt dadurch
die für solche Stiftungen übliche Bezeichnung „Gotteshaus“ (vgl. Zechlin , S. 13). Im lahre
1598 errichteten die vom Rat eingesetzten Vorsteher eine Ordnung für dieses „Gotteshaus in
dem Gral“, die hier erstmalig abgedruckt wird. Text unter Nr. 5.

Was das Stipendienwesen anbetrifft, gibt es zwei Stipendienordnungen, eine undatierte,
vor 1540, und eine vom 17. März 1597 (vgl. StadtA. Lüneburg, Ratsurkunden). Sie sind Vor-
läufer für die Praepositurordnung des Herzogs Georg IVilhelm von 1687, die das Ende der
Vikarien herbeiführte (vgl. Matthaei, Vikariestiftungen, S. 92 ff.). In der ersten ist er-
wähnt, daß bereits die Stadtschule zur Behausung von armen Schülern mit Stipendien ver-
sehen wurde. Außerdem will der Rat Stipendien errichten für arme, begabte Schüler, damit
sie auf Universitäten geschickt werden könnten. Der Rat behielt sich in beiden Ordnungen die
Auswahl der Stipendiaten vor. die dann vom geistlichen Ministerium auf ihre Tauglichkeit
geprüft werden sollten. Ihr Ijeben auf der Universität wurde genau vorgeschrieben.

Zuletzt ist noch auf das Kloster St. Michaelis einzugehen, das als einziges von den drei
Klöstern in der Stadt Lüneburg nach der Reformation bestehen geblieben ist. Es hatte 1532
die neue Lehre angenommen. Die Äbte Herbord von Holle 1532—1555 und Eberhard von Holle
1555—1586 haben in den Streitigkeiten zwischen Rat und Herzog um ihr Kloster eine Mittel-
stellung eingenommen, die ihnen seine Erhaltung ermöglichte (vgl. Wrede, S. 159 ff., 196 ff.,
202 ff„ auch Weyhe-Eimke, S. 145 —177). 1548 kam das Kloster durch einen Vertrag
mit den landesfürstlichen Räten wieder in den Besitz seiner Güter und früheren Rechte (vgl.
Wrede, S. 205, Weyhe-Eimke, S. 152). Der Abt berief von sich aus die Prediger an
St. Michaelis, wie dieses auch in der KO von 1573/75 festgelegt wurde,besoldete sie und stellte
auch die Versorgung der Pfarrwitwen sicher. Der Stadtsuperintendent wurde von jeder Neu-
anstellung benachrichtigt. Die Pfarrer an St.Michaelis gehörten dem geistlichen Ministerium der
Stadt an, unterschrieben auch ihre KO und Leges (vgl. u. a. Arch. d. Klosters St. Michaelis,
Rep.F.18 Nr.l). Als sich aber der Pastor an St. Michaelis, Friedrich Dedekind. 1596 anmaßte,
einen Diakon selbständig für seine Kirche zu ordinieren, widersprach der Rat ganz energisch.
Es kam zu Streitigkeiten, die erst zwei Jahre später in einem Vergleich beigelegt werden
konnten (vgl. Arch. d. Klosters St. Michaelis, Rep. F. 17 Nr. 1 und StadtA. Lüneburg, Rats-
urkunde vom 23.März 1598). Danach verlief der Gang der Neuanstellung eines Pfarrers oder
Kapellans an St. Michaelis so, daß Abt und Konvent die Vokation und Bestallung vornahmen,
das städtische geistliche Ministerium den neu Angenommenen examinierte. Falls noch keine
Ordination vorlag, erfolgte diese durch den Superintendenten, bei Kapellanen gemeinsam mit
dem Prediger an St.Michaelis sowie mit den übrigen Angehörigen des geistlichen Ministeriums.
Der Neuangestellte hatte die KO und die Leges zu unterschreiben. Auch mit seiner Schule

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