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Kreative Impulse. Innovations- und Transferleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa <Veranstaltung, 2019, Heidelberg>; Burkhardt, Julia [Editor]
Kreative Impulse und Innovationsleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa — Klöster als Innovationslabore, Band 9: Regensburg: Schnell + Steiner, 2021

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https://doi.org/10.11588/diglit.72131#0181
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180 I Oliver Auge

umsichtige Vergabe von Nutzungsrechten und Einhaltung von Umtriebszeiten
für die Aufrechterhaltung eines nachhaltigen Nutzungskonzeptes."47 Natürlich
musste Nachhaltigkeit das „gelebte Prinzip" aller Menschen in jener Zeit sein,
um überhaupt längerfristig existieren zu können.48 Doch hatte das strenge Wald-
regiment der Ahrensböker Kartäuser eine neue, ja eine innovatorische Qualität.
Ohne Zögern kann also die zentrale Frage, ob klösterliche Gemeinschaften
im technisch-ökonomischen Bereich Innovationsleistungen von gesellschaftli-
cher Relevanz erbrachten, mit einem klaren „Ja" beantwortet werden. Sie taten
dies in einem erheblichen Ausmaß.
3. Der Blick auf Ursachen und Hintergründe
Die Frage stellt sich, warum die Klöster und Mönchsorden eine so auffällige Affi-
nität zu Innovationsleistungen im technisch-ökonomischen Bereich aufwiesen.
Zwei Gesichtspunkte scheinen zur Beantwortung ganz wesentlich zu sein. Der
eine betrifft den Stellenwert der Arbeit als solcher im klösterlichen Leben. Auch
wenn die einprägsame, populäre Aufforderung des Ora et labora wörtlich so nicht
im Text der Benediktsregel vorkommt, so trifft sie doch sinngemäß den Kern des
benediktinischen beziehungsweise mönchischen Selbstverständnisses, wonach
zur Selbstschau in Gott die Trias von Gebet, Muße und auch Arbeit führe.49 Die
Mönche waren zu regelmäßiger Arbeit verpflichtet und hatten dem Abt darüber
Bericht zu erstatten. Eine Optimierung der Arbeitsorganisation war erstrebt und
hatte die Funktion, „die Mönche von der Last und Sorge um den täglichen Le-
bensunterhalt zu befreien".50 Beides, der grundsätzliche Stellenwert der Arbeit
und der Versuch der Optimierung ihrer Abläufe im Interesse der monastischen
Gemeinschaft, bildete ein günstiges Substrat für eine gewisse Aufgeschlossenheit
technischen und ökonomischen Neuerungen gegenüber. Dies war zumal bei den
Zisterziensern der Fall, die ebenjene Gleichwertigkeit manueller Arbeit gegenüber
dem Gebetsdienst in besonderer Weise hervorhoben und die zudem durch die
mehr als bei anderen Mönchsgemeinschaften synergetische Einrichtung des Kon-

47 Paysen, Nachhaltige Energiewirtschaft (wie Anm. 44), S. 219.

48 Oliver Auge, „Nachhaltigkeit" als historisches Thema - eine Hinführung, in: Jahrbuch für
Regionalgeschichte 32 (2014), S. 45-53, hier S. 52.

49 Die Benediktsregel (wie Anm. 27), Kap. 48, S. 287: Otiositas inimica est animae [...]. - Vgl.
dazu Hägermann, Das Kloster (wie Anm. 15), S. 13; DERS./Helmuth Schneider, Propylä-
en Technikgeschichte, Bd. 1: Landbau und Handwerk. 750 v. Chr. bis 1000 n. Chr., Berlin
2003, S. 317-333 (mit Hervorhebung des Unterschieds zur Antike).

50 Kieser, Von asketischen zu industriellen Bravourstücken (wie Anm. 17), S. 4, der sich kon-
kret auf Pachomius bezieht; sinngemäß gilt für die Benediktsregel dasselbe.
 
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