268 I Jörg Voigt
der abgegrenzt; in den Quellen sind für das feierliche bzw. einfache Gelübde
Begriffe wie z. B. votum sollemne bzw. votum simplex überliefert.
Wichtig sind weiterhin die unterschiedlichen Auswirkungen, die das jewei-
lige Gelübde für die Rechtsstellung der entsprechenden Personen hatte. Ein fei-
erliches Gelübde begründete die Zugehörigkeit zu einem Orden bzw. einer
Klostergemeinschaft mit dem jeweiligen, auf einer approbierten Regel basieren-
den rechtlichen Rahmen, der die Vermögensunfähigkeit, das Ehehindernis und
weitere Einschränkungen verschiedener Rechte einschloss.28 Im Gegensatz dazu
besaß das einfache Gelübde andersartige Rechtsfolgen, denn das votum castita-
tis begründete zwar ein keusches Leben und die Ehelosigkeit; es besaß jedoch
keine Auswirkungen auf die Vermögensfähigkeit.
Die in den frühen Quellen zum Beginenwesen greifbaren Anhaltspunkte, hier
im Besonderen das Keuschheitsgelübde und die Übernahme eines Gewandes,
entsprechen dem seit dem 12. Jahrhundert kirchenrechtlich definierten einfachen
Gelübde. Somit legten Beginen mit dem Gelübde ein rechtlich bindendes Keusch-
heits- bzw. Ehelosigkeitsversprechen ab, was sie durch ein Gewand auch nach
außen signalisierten. Gleichzeitig blieben sie ihrer vormaligen Rechtsprechung
unterstellt und besaßen auch weiterhin Zugriff auf Besitz und Vermögen.29
Somit reichen die rechtlichen Grundlagen der Beginen auf weiter zurückrei-
chende Traditionen religiöser Lebensformen von Frauen zurück. Jedoch unter-
scheidet sich die Lebensform der Beginen von den hier exemplarisch genannten
Formen der vita religiosa von Frauen in einem wesentlichen Punkt, und zwar
darin, dass sich Beginen zu Gemeinschaften zusammenschließen konnten, die
eigene Rechtsfähigkeit besaßen und vermögensfähig waren. Darauf verweist be-
reits einer der frühesten Belege von Beginengemeinschaften nördlich der Alpen.
Im Jahre 1230 richtete ein Aachener Kanoniker vor seinem Eintritt in das im
südlichen Harz gelegene Zisterzienserkloster Walkenried mehrere Anniversar-
stiftungen ein, zu deren Empfängern auch die Beginen in Aachen zählten. Darin
wurde festgelegt, dass die als Beginen bezeichneten frommen Frauen regel-
mäßige Anniversarzahlungen empfangen sollten, solange ihre Gemeinschaft
besteht.30 Die Übertragung der Zahlungen an die Beginen hing von der Dauer
ihres Zusammenschlusses ab.
28 Meier, Die Rechtswirkungen (wie Anm. 27), S. 241-246.
29 Siehe dazu z.B. die Urkunde der sozial hochgestellten Kölner Begine Mathilde, die im Jahr
1295 ein Haus für sieben Beginen als Anniversarstiftung einrichtete, vgl. Quellen zur Ge-
schichte der Stadt Köln, Bd. 3, hg. von Leonard Ennen, Köln 1867, Nr. 421.
30 Aachener Urkunden 1101-1250, bearb. von Erich Meuthen (Publikationen der Gesellschaft
für Rheinische Geschichtskunde 58), Bonn 1972, Nr. 255: mulieribus eciam devotis, que
volgariter beggine nominantur, unum solidem, quamdiu duraverit earum societas.
der abgegrenzt; in den Quellen sind für das feierliche bzw. einfache Gelübde
Begriffe wie z. B. votum sollemne bzw. votum simplex überliefert.
Wichtig sind weiterhin die unterschiedlichen Auswirkungen, die das jewei-
lige Gelübde für die Rechtsstellung der entsprechenden Personen hatte. Ein fei-
erliches Gelübde begründete die Zugehörigkeit zu einem Orden bzw. einer
Klostergemeinschaft mit dem jeweiligen, auf einer approbierten Regel basieren-
den rechtlichen Rahmen, der die Vermögensunfähigkeit, das Ehehindernis und
weitere Einschränkungen verschiedener Rechte einschloss.28 Im Gegensatz dazu
besaß das einfache Gelübde andersartige Rechtsfolgen, denn das votum castita-
tis begründete zwar ein keusches Leben und die Ehelosigkeit; es besaß jedoch
keine Auswirkungen auf die Vermögensfähigkeit.
Die in den frühen Quellen zum Beginenwesen greifbaren Anhaltspunkte, hier
im Besonderen das Keuschheitsgelübde und die Übernahme eines Gewandes,
entsprechen dem seit dem 12. Jahrhundert kirchenrechtlich definierten einfachen
Gelübde. Somit legten Beginen mit dem Gelübde ein rechtlich bindendes Keusch-
heits- bzw. Ehelosigkeitsversprechen ab, was sie durch ein Gewand auch nach
außen signalisierten. Gleichzeitig blieben sie ihrer vormaligen Rechtsprechung
unterstellt und besaßen auch weiterhin Zugriff auf Besitz und Vermögen.29
Somit reichen die rechtlichen Grundlagen der Beginen auf weiter zurückrei-
chende Traditionen religiöser Lebensformen von Frauen zurück. Jedoch unter-
scheidet sich die Lebensform der Beginen von den hier exemplarisch genannten
Formen der vita religiosa von Frauen in einem wesentlichen Punkt, und zwar
darin, dass sich Beginen zu Gemeinschaften zusammenschließen konnten, die
eigene Rechtsfähigkeit besaßen und vermögensfähig waren. Darauf verweist be-
reits einer der frühesten Belege von Beginengemeinschaften nördlich der Alpen.
Im Jahre 1230 richtete ein Aachener Kanoniker vor seinem Eintritt in das im
südlichen Harz gelegene Zisterzienserkloster Walkenried mehrere Anniversar-
stiftungen ein, zu deren Empfängern auch die Beginen in Aachen zählten. Darin
wurde festgelegt, dass die als Beginen bezeichneten frommen Frauen regel-
mäßige Anniversarzahlungen empfangen sollten, solange ihre Gemeinschaft
besteht.30 Die Übertragung der Zahlungen an die Beginen hing von der Dauer
ihres Zusammenschlusses ab.
28 Meier, Die Rechtswirkungen (wie Anm. 27), S. 241-246.
29 Siehe dazu z.B. die Urkunde der sozial hochgestellten Kölner Begine Mathilde, die im Jahr
1295 ein Haus für sieben Beginen als Anniversarstiftung einrichtete, vgl. Quellen zur Ge-
schichte der Stadt Köln, Bd. 3, hg. von Leonard Ennen, Köln 1867, Nr. 421.
30 Aachener Urkunden 1101-1250, bearb. von Erich Meuthen (Publikationen der Gesellschaft
für Rheinische Geschichtskunde 58), Bonn 1972, Nr. 255: mulieribus eciam devotis, que
volgariter beggine nominantur, unum solidem, quamdiu duraverit earum societas.