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Kreative Impulse. Innovations- und Transferleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa <Veranstaltung, 2019, Heidelberg>; Burkhardt, Julia [Editor]
Kreative Impulse und Innovationsleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa — Klöster als Innovationslabore, Band 9: Regensburg: Schnell + Steiner, 2021

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https://doi.org/10.11588/diglit.72131#0276
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Mächtige Verwandte - zwei Klarissenkonvente im Schatten der Colonna 1 275

keit großer Klarissen-Konvente von mächtigen Adelsgeschlechtern war keines-
wegs ein Sonderfall. Solche Konstellationen lassen sich zuhauf im Bereich der
vita regularis von Frauen in der gesamten Christenheit beobachten.7 Der Fall
der beiden Colonna-Konvente scheint aber aus mehreren Gründen bemerkens-
wert und von einigem Interesse, da diese Einflussnahme - wie zu zeigen ist - auf
das besondere Engagement eines Kardinals zurückgeht, dessen Vorbild dann die
gesamte Familie folgte.
Das Baronalgeschlecht der Colonna ist bekannt durch seine über Jahrhun-
derte andauernde Konkurrenz zur nicht minder vornehmen Familie der Orsini.
Wie letztere im Kapitel der Peterskirche, so vermochten die Colonna aus ihrer
Präsenz in zwei der vornehmsten Kollegiatkapitel der Stadt, S. Giovanni in La-
terano und S. Maria Maggiore, sowohl ökonomisches wie politisches Kapital zu
schlagen. Davon profitierten nicht nur die engeren Verwandten, sondern auch
die Angehörigen der befreundeten und verbündeten Familien sowie die weitere
Klientel.8 Andere Baronalgeschlechter wie die Savelli, die Capocci oder Bocca-
mazza taten es den Colonna und Orsini gleich, was sich insbesondere in der
Weitergabe von Schlüsselpositionen und Kanonikaten im selben familiären und
sozialen Ambiente niederschlug.9 Sollten diese Bestrebungen nicht auch für die
Klosterpolitik solcher römischen Adelshäuser gelten? Dass es da interessante
Anknüpfungspunkte gab, steht außer Zweifel, zählte doch der sogenannte Kata-
log von Turin, der die Konsistenz der römischen Kirchenlandschaft am Anfang

7 Aus einer immensen Bibliographie siehe man Augustin Thompson, Cities of God. The Reli-
gion of the Italian Communes, 1125-1325, Pennsylvania 2005, S. 426-427. Zum Fall der Ka-
nonissen siehe Ulrich Andermann, Zur Erforschung mittelalterlicher Kanonissenstifte. As-
pekte zum Problem der weiblichen vita apostolica, in: Geistliches Leben und standesgemässes
Auskommen. Adlige Damenstifte in Vergangenheit und Gegenwart, hg. von Kurt Ander-
mann (Kraichtaler Kolloquien 1), Tübingen 1998, S. 11-42; Irene Crusius, Sanctimoniales
que se canonicas vocant. Das Kanonissenstift als Forschungsproblem, in: Studien zum Kano-
nissenstift, hg. von Ders., Göttingen 2001, S. 9-38; Franz J. Felten, Wie adelig waren Kano-
nissenstifte (und andere weibliche Konvente) im frühen und hohen Mittelalter?, in: ebd.,
S. 39-128. Zuletzt speziell zur Rolle von Königinnen und Fürstinnen im Bereich der Bettelor-
den siehe Queens, Princesses and Mendicants. Close Relations in a European Perspective, hg.
von Nikolas JASPERT/Imke Just (Vita regularis. Abhandlungen 75), Berlin u. a. 2019.

8 Zum Begriff der Klientel und der sozialen Bindungen im Sinne von „networks" sei verwiesen
auf Andreas Rehberg, Clientele e fazioni nell'azione politica di Cola di Rienzo (RR inedita
33/1), Roma 2004, S. 9-28 (mit weiterer Bibliographie).

9 Diese Übermacht im stadtkirchlichen Bereich kann man für die Colonna und andere Familien
der römischen Oberschicht - man denke nur an die Orsini und ihre Beziehungen zum Kapitel
von St. Peter in Rom - für rund 100-150 Jahre beobachten: Andreas Rehberg, Die Kanoniker
von S. Giovanni in Laterano und S. Maria Maggiore im 14. Jahrhundert. Eine Prosopographie
(Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 89), Tübingen 1999.
 
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