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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0036
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32

MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN

jedwede priesterliche Handlung. Doch ließ sich Bucer nicht abhalten,
in Zells Wohnung allabendlich deutsche Vorlesungen über biblische
Bücher zu halten, die er bald angesichts des großen Zulaufs in die
St. Lorenz-Kapelle verlegen mußte. Als der Rat diese Vorlesungen
wegen der Anteilnahme der Bevölkerung untersagte, hielt Bucer nur
noch lateinische Vorlesungen. Doch gab sich der Straßburger Bischof
auch damit nicht zufrieden: Er unternahm offizielle Schritte beim Rat
und forderte ihn dazu auf, Bucer als einem gebannten Priester das Geleit
aufzukündigen und ihn aus der Stadt zu verweisen. In Begleitung seines
Vaters begab sich Bucer zum Rat und händigte ihm am 20. Juni eine
Verteidigungsschrift ein. Daraufhin entschloß sich der Rat, Bucer auch
fernerhin in der Stadt zu dulden, zumal dieser betonte, daß er sich einem
ordentlichen gerichtlichen Verfahren nicht entziehen wolle. Offenbar
trat Bucer von nun an wieder stärker in die Öffentlichkeit, ja, er benutzte
sogar am 15. August M. Zells Kanzel im Münster. Sein Auftreten hatte
eine so starke Wirkung, daß der Rat am folgenden Tage den Entschluß
faßte, die evangelisch gesinnten Prädikanten ungehindert »lesen und
predigen zu lassen«, freilich mit dem Vorbehalt, daß der Rat einlaufende
Klagen gegen die Verkündigung der Prädikanten auf Grund eines
ordentlichen Rechtsverfahrens behandeln werde.
Bucer war bald ein beliebter Prediger. Auf Wunsch seiner »Zuhörer«
hat er in dem vorliegenden Schriftchen, »Das ym selbs ...«, eine seiner
Predigten für den Druck bearbeitet (S. 44, Z. 9 ff., 19#.). Es verdient Beach-
tung, daß diese Predigt noch im Monat August erschienen ist (S. 45,
Z. 9), also unmittelbar nachdem der Rat beschlossen hatte, die
Prädikanten nicht zu behelligen, wenn sie das Evangelium und die
apostolische Lehre verkündigten.

2. Theologische Probleme und Eigenart
Bucer stand von Anfang seiner reformatorischen Tätigkeit an ganz im
Banne Luthers. Doch war er eine so starke Persönlichkeit, daß er ver-
mittels seiner gediegenen Vorbildung zu einem selbständigen und
eigenwilligen Interpreten von Luthers Gedanken wurde4 5.
Der vorliegende Traktat bietet in einem originellen Wurf eine zu-
sammenfassende Skizze von Bucers biblischer Theologie 5 Dabei darf
4. H. Strohl: Bucer interprete de Luther. In: Revue d’Histoire et de Philosophie
religieuses XIX. 1939. S. 223-261.
5. B.s Summary seiner Predigt von Weißenburg (Bibl. Nr. 2) ist gewissermaßen
das Gegenstück zu »Das ym selbs ...«. - In sachlicher Hinsicht ergeben sich eine
Reihe von Berührungspunkten, die sich etwa auch in der Benutzung gleicher Bibel-
stellen oder in der Verwendung ähnlicher Formulierungen konstatieren lassen. Zumal
 
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