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MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
H 1a
i. Cor. v. [ii]
Batzenmeßer
Act. viii. [18-23]
H 1 b
Ro .xiiii. [23]
Deut. iiii. [2]
wann der luter innhalt der wort Christi, vernemen, das christlich Mesß
haben, das ist den leib und das blut Christi mit ob angezeigter begyrd,
achtung und | dancksagung entpfahen, nit yedermans ding ist, das es
künde ein täglich hantyerung seyn deren leüt, in denen schlechter angst
der conscientz und gewissen gar loüwe212 begird zu diser göttlichen 5
artzney, noch vil kleinere dancksagung diser grossen gnaden beschynt213.
Wie vast mögen doch sein sünd den dringen, der in öffentlicher hurerey
sitzet, mit dem man doch noch dem gebott Pauli nit essen solt? Oder
was jamers mag der über sein sünd haben, der alle tag im würtzhuß
zecht und spylt, zur wochen zwey mol ins bad godt und die übrige zeyt 10
uff dem marckt verzert, neüwe märlin zu erforschen und die leüt ußzu-
richten214. Was hefftiger begird aber mag zu disem hoch würdigen
sacrament haben, der ein gantz jor solchs nit entpfing noch mesß hyelt,
wo nit die schäm yn darzu drung, und lasßt sich doch umb ein batzen213
bestellen täglich mesßhalten? Lieben brüder, man kaufft solche begird 15
um kein gelt. Der geist gottes, der bringt sye. Darumb seind beyde,
Mesß keüffer und verkeüffer, die ergesten symonisten und verfluchteste
geistliche Wucherer, als sye das ertrich tregt. Dann sye achten wie
Symon, der zauberer, die gottes gab werde durchs gelt erlangt. In was
achtung meynt ir aber, das die haben den leib und das blut Christi oder 20
wie bedencken sye den tod des herren oder was lob und pryß sagen sye
ym von hertzen, die, sobald sye über einander geschlappert haben ire
Seelmesßen, von stund an ins würtzhuß lauffen, fressen und sauffen
den gantzen tag, spilen und treiben die unzüchtigsten wort als von keim
reüter noch kriegsknecht gehört würdt? Und ob aber schon diser 25
groben sünd keine geschicht und ist allein do ein glaubloß und liebloß
leben, als leyder bey allen Mesß verkeüffern gefunden würt, noch wurdt
schwärlich geschmäht diß heilig sacrament und zu ewigem gericht ge-
nossen, dann sye | die Mesß für ein opfer halten, nit das Christus ein-
mal für uns alle geopfert und genugsam mit demselbigen opfern uns 30
in ewigkeit aller sünd gereiniget hab, sonder das sye gott dem vatter
uffopfern für lebendig und todten, des sye ein wörtlin in aller schrifft
nymmermer uffbringen mögen, deshalb sye die Mesß für andere als
ein gut werck undynen, für die sye sye lesen, nutzlich on glauben lesen216.
Darumb es ynen auch zur sünd gerechnet würdt. Dann was uß dem 35
glauben nit geschicht, das sich der mensch trösten mag, es gefalle also
gott, der sündiget. Wo wir aber sein wort nit halten und er uns doch
gebotten hat, seinen worten weder zu noch von zu thun, sonder bey
212. Lau. 213. Sichtbar sein. 214. Verleumden.
215. 1 Batzen = 8 Pfennig. Über den Wert der Münze vgl. 0. Winckelmann: Das
Fürsorgewesen der Stadt Straßburg. Leipzig 1922. S. XHIf.
216. Vgl. Luther, WA 6,364,6-31 (Sermon vom NT).
MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
H 1a
i. Cor. v. [ii]
Batzenmeßer
Act. viii. [18-23]
H 1 b
Ro .xiiii. [23]
Deut. iiii. [2]
wann der luter innhalt der wort Christi, vernemen, das christlich Mesß
haben, das ist den leib und das blut Christi mit ob angezeigter begyrd,
achtung und | dancksagung entpfahen, nit yedermans ding ist, das es
künde ein täglich hantyerung seyn deren leüt, in denen schlechter angst
der conscientz und gewissen gar loüwe212 begird zu diser göttlichen 5
artzney, noch vil kleinere dancksagung diser grossen gnaden beschynt213.
Wie vast mögen doch sein sünd den dringen, der in öffentlicher hurerey
sitzet, mit dem man doch noch dem gebott Pauli nit essen solt? Oder
was jamers mag der über sein sünd haben, der alle tag im würtzhuß
zecht und spylt, zur wochen zwey mol ins bad godt und die übrige zeyt 10
uff dem marckt verzert, neüwe märlin zu erforschen und die leüt ußzu-
richten214. Was hefftiger begird aber mag zu disem hoch würdigen
sacrament haben, der ein gantz jor solchs nit entpfing noch mesß hyelt,
wo nit die schäm yn darzu drung, und lasßt sich doch umb ein batzen213
bestellen täglich mesßhalten? Lieben brüder, man kaufft solche begird 15
um kein gelt. Der geist gottes, der bringt sye. Darumb seind beyde,
Mesß keüffer und verkeüffer, die ergesten symonisten und verfluchteste
geistliche Wucherer, als sye das ertrich tregt. Dann sye achten wie
Symon, der zauberer, die gottes gab werde durchs gelt erlangt. In was
achtung meynt ir aber, das die haben den leib und das blut Christi oder 20
wie bedencken sye den tod des herren oder was lob und pryß sagen sye
ym von hertzen, die, sobald sye über einander geschlappert haben ire
Seelmesßen, von stund an ins würtzhuß lauffen, fressen und sauffen
den gantzen tag, spilen und treiben die unzüchtigsten wort als von keim
reüter noch kriegsknecht gehört würdt? Und ob aber schon diser 25
groben sünd keine geschicht und ist allein do ein glaubloß und liebloß
leben, als leyder bey allen Mesß verkeüffern gefunden würt, noch wurdt
schwärlich geschmäht diß heilig sacrament und zu ewigem gericht ge-
nossen, dann sye | die Mesß für ein opfer halten, nit das Christus ein-
mal für uns alle geopfert und genugsam mit demselbigen opfern uns 30
in ewigkeit aller sünd gereiniget hab, sonder das sye gott dem vatter
uffopfern für lebendig und todten, des sye ein wörtlin in aller schrifft
nymmermer uffbringen mögen, deshalb sye die Mesß für andere als
ein gut werck undynen, für die sye sye lesen, nutzlich on glauben lesen216.
Darumb es ynen auch zur sünd gerechnet würdt. Dann was uß dem 35
glauben nit geschicht, das sich der mensch trösten mag, es gefalle also
gott, der sündiget. Wo wir aber sein wort nit halten und er uns doch
gebotten hat, seinen worten weder zu noch von zu thun, sonder bey
212. Lau. 213. Sichtbar sein. 214. Verleumden.
215. 1 Batzen = 8 Pfennig. Über den Wert der Münze vgl. 0. Winckelmann: Das
Fürsorgewesen der Stadt Straßburg. Leipzig 1922. S. XHIf.
216. Vgl. Luther, WA 6,364,6-31 (Sermon vom NT).