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MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
weder Freiheiten noch Pfründen. Wie er sein Leben bestreiten wird, weiß
er noch nicht und verläßt sich auf Gottes Erbarmen, der auch für die
Vögel unter dem Himmel sorgt.
Besonders stark tritt in dieser Verantwortung an den Rat hervor,
daß Bucer im Gegensatz zur kirchlichen Obrigkeit, die ihn verfolgt
und ihm die kirchliche Zugehörigkeit versagt, sich an die weltliche
Obrigkeit voller Vertrauen wendet und in ihr nicht nur »Herren«,
sondern »Väter« zu erblicken bereit ist.
Von den insgesamt vierzehn Anklagepunkten, die von seinen Wider-
sachern gegen ihn vorgebracht wurden und die Bucer in dieser Schrift
widerlegt, betreffen die ersten beiden seinen Mönchsstand und der
dritte und vierte seine Heirat. Die Beantwortung dieser vier Punkte ist
ausführlich gehalten und füllt zwei Drittel seiner Schrift. Die übrigen
Punkte werden viel kürzer behandelt, so der fünfte Punkt, der seiner
angeblichen Irrlehre gilt, und der sechste, der die Zulassung zum
Predigen zum Inhalt hat. Die restlichen Anklagen werden summarisch
behandelt, da sie einerseits nur äußere Bräuche wie Tonsur und Chor-
rock, andererseits ganz allgemein gehaltene Vorwürfe enthalten, wie
Ablehnung des Klerus und der Marien- und Heiligenverehrung. Der
letzte Punkt enthält scharfe, ablehnende Urteile über seinen Charakter
und sein Verhalten. Wenn Bucer auf sein Verhältnis zu Franz von
Sickingen, zum Pfalzgrafen Friedrich bei Rhein und zur Gemeinde und
dem Rat der Stadt Weißenburg anspielt, so deshalb, weil er sie als Zeugen
anruft, die ihn aus längerer Tätigkeit kennen und die Anklagen der
Widersacher gleich widerlegen können.
Es liegt in der Art dieser Schrift, daß sie mehr autobiographische
Angaben enthält, als die meisten anderen Schriften und Traktate Bucers.
Hier spricht sich Bucer über seine Jugend und seine Entwicklung vom
Dominikanermönch in Schlettstadt bis zum evangelischen Prediger in
Straßburg aus. Da es sich aber um eine publizistische Schrift handelt, die
nicht nur in eigener Sache verfaßt wurde, werden manche Begebenheiten
aus seinem Leben doch nur kurz gestreift. Die aus dem Thomas-Archiv
mitgeteilten Anlagen 3, 4 und 5, die für den Rat allein bestimmt waren,
klären den Sachverhalt noch näher auf.
3. Druckausgaben
Von Bucers »Verantwortung« liegt nur eine Ausgabe vor, die ohne
Orts- und Druckerangaben erschienen ist. Es fehlt auch das Impressum.
Am Schluß steht die Jahreszahl: 1523. Daß es ein Straßburger Druck
ist, kann als sicher angenommen werden. Es könnte ein Druck von
Schott sein, bei dem Bucer seine beiden ersten Schriften hat erscheinen
MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
weder Freiheiten noch Pfründen. Wie er sein Leben bestreiten wird, weiß
er noch nicht und verläßt sich auf Gottes Erbarmen, der auch für die
Vögel unter dem Himmel sorgt.
Besonders stark tritt in dieser Verantwortung an den Rat hervor,
daß Bucer im Gegensatz zur kirchlichen Obrigkeit, die ihn verfolgt
und ihm die kirchliche Zugehörigkeit versagt, sich an die weltliche
Obrigkeit voller Vertrauen wendet und in ihr nicht nur »Herren«,
sondern »Väter« zu erblicken bereit ist.
Von den insgesamt vierzehn Anklagepunkten, die von seinen Wider-
sachern gegen ihn vorgebracht wurden und die Bucer in dieser Schrift
widerlegt, betreffen die ersten beiden seinen Mönchsstand und der
dritte und vierte seine Heirat. Die Beantwortung dieser vier Punkte ist
ausführlich gehalten und füllt zwei Drittel seiner Schrift. Die übrigen
Punkte werden viel kürzer behandelt, so der fünfte Punkt, der seiner
angeblichen Irrlehre gilt, und der sechste, der die Zulassung zum
Predigen zum Inhalt hat. Die restlichen Anklagen werden summarisch
behandelt, da sie einerseits nur äußere Bräuche wie Tonsur und Chor-
rock, andererseits ganz allgemein gehaltene Vorwürfe enthalten, wie
Ablehnung des Klerus und der Marien- und Heiligenverehrung. Der
letzte Punkt enthält scharfe, ablehnende Urteile über seinen Charakter
und sein Verhalten. Wenn Bucer auf sein Verhältnis zu Franz von
Sickingen, zum Pfalzgrafen Friedrich bei Rhein und zur Gemeinde und
dem Rat der Stadt Weißenburg anspielt, so deshalb, weil er sie als Zeugen
anruft, die ihn aus längerer Tätigkeit kennen und die Anklagen der
Widersacher gleich widerlegen können.
Es liegt in der Art dieser Schrift, daß sie mehr autobiographische
Angaben enthält, als die meisten anderen Schriften und Traktate Bucers.
Hier spricht sich Bucer über seine Jugend und seine Entwicklung vom
Dominikanermönch in Schlettstadt bis zum evangelischen Prediger in
Straßburg aus. Da es sich aber um eine publizistische Schrift handelt, die
nicht nur in eigener Sache verfaßt wurde, werden manche Begebenheiten
aus seinem Leben doch nur kurz gestreift. Die aus dem Thomas-Archiv
mitgeteilten Anlagen 3, 4 und 5, die für den Rat allein bestimmt waren,
klären den Sachverhalt noch näher auf.
3. Druckausgaben
Von Bucers »Verantwortung« liegt nur eine Ausgabe vor, die ohne
Orts- und Druckerangaben erschienen ist. Es fehlt auch das Impressum.
Am Schluß steht die Jahreszahl: 1523. Daß es ein Straßburger Druck
ist, kann als sicher angenommen werden. Es könnte ein Druck von
Schott sein, bei dem Bucer seine beiden ersten Schriften hat erscheinen