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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0174
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MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN

l70

C 3 a

Closter leben gantz
sündtlich.

C 3 b

Closterleben stodt in
menschengebott.

seind. Was aber wider gott ist, soll | man ye billich abthun. Darumb
wer solche gelübd gethon und darnach wider verlasßet, der meynung,
sein leben christlich anzustellen, mag wol des mißglaubens und un-
verstands, auß dem er die gelübdt gethon hat, gescholten werden, aber
das er gelübdbrüchtg und meyneydig sey, mag in niemant von christen 5
schelten, er sey dann selb zuvor meyneydig an gott, dem er gelobt ist,
das best zu fürdern und das bösest abzuleynen. dawider er thut, wann
er straffet, von gelübden, so wider gott seind, abston, und will gehalten
haben, dodurch man on mittel unchristlich leben müsße. Wie dann
unwidersprechlich seind aller münch und nunnen secten, wie sye yetzt 10
der zeyt mit gottlosen gelübden verstrickt seind und gehalten werden,
das allen verstendigen auß anzeygten schrifften klar genug ist. dieweil
sie selb sagen, das gantz wesen clösterlichs leben stande in ob verworffe-
nen dreyen haubtgelübdten.
Doch zu einem überfluß will ich beweren, das nit allein derselbigen 15
dreyen haubtgelübden halb sonder auch aller anderer sampt allem, das
die closterleüt vor andern christen in für gute werck erlesen haben, das
closterleben gantz sündtlich und wider gott sey46, wie es die gemeyn
annimpt und heltet. Sant Paulus saget zun Römern am xiiii. ca. [23]:
Was nit auß dem glauben ist, ist sünd. Das ist, was einer thut, das er nit 20
trauwet, es gefalle gott, dem wir zu gefallen und eeren alle ding thun
und lassen sollen, so sündet er. Nun aber ein münch oder nunn werden,
kan auß keinem glauben geschehen, das ein solch leben gott gefalle,
dann wie es yetz ist und gehalten würdt, stot es gar und gantz uff
menschen leeren und gebotten, in denen, spricht der here Math, xv [9], 25
dyen man im vergebens. So meynen sye, sye wöllen ein sonder krönlin
für andere im hymmel haben, ja meynen, sye seyen allein geistlich und
im standt der vol- | kummenheit47. Und nit allein ston sye in disem miß-
glauben, sonder sye vermeynen inen und andern mit solchem leben den
himmel zu verdyenen48, das allein Christus Jhesus, unser heyland, mit 30
seinem bittern tod vermöcht hat.
Das aber alles closterleben stand uff menschen gebotten und leeren,
mag ye nit verleügnet werden. Dann obwol von gehorsam vil in der
schrifft stot, so weisß sye doch von der Münch gehorsam nichts, das
mer ein ungehorsam ist, so sich einer aller oberkeit, auch vatter und 35
muter, entzeücht49 und begibt sich sein leben lang allein an etlich
münch und das dennest nit weiter dann noch etwan einer regel, die
auch ein mensch erdacht hat. so er uß götlichem gebott yederman,

46. Zur Sünde des Klosterlebens vgl. Luther, WA 8, 621 (De votis monasticis).
47. Vgl. Holl I, 146f. 48. Vgl. Holl I, 3 f.
49. Zu Luthers These, das Mönchtum verachte das vierte Gebot, vgl. Luther,
WA 8, 623 ff. (De votis monasticis).
 
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