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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0192
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MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN

Hubert4 meint zwar, daß bald eine rückläufige Bewegung eingesetzt
habe, aber seine Begründung für diese These ist nicht überzeugend.
Wohl ist die Straßburger Gottesdienstordnung konservativ zu nennen,
wohl knüpft sie an überlieferte Begriffe an, spricht vom Priester und
vom Opfer, aber daß sie die Transsubstantiation festhalte, wie Hubert
es meint, ist doch nicht zutreffend. Die zunächst beibehaltene Elevation
allein spricht nicht dafür: vgl. Enders 5,64. Diese ist auch in Wittenberg
bis 1543 beibehalten worden. An der Agende ist noch fortwährend
geändert worden. Dafür sprechen die zahlreichen handschriftlichen
Korrekturen und Ergänzungen, die sich in den alten Exemplaren
finden. Wie Hubert meint, gehen diese auf Bucers Einfluß zurück, dessen
Geist sich immer stärker in der Straßburger Kirche durchsetzt5. Kirch-
liche Veränderungen hatten auch liturgische Änderungen zur Folge.
Wenn an die Stelle des Altars der Tisch tritt, hinter dem der Liturg
steht, fallen die liturgischen Wendungen fort. Das Abendmahl wird als
Gedächtnismahl gefeiert, die priesterliche Kleidung verschwindet usw.6.
An diesen Veränderungen hat Bucers Schrift »Grund und Ursach«
wesentlichen Anteil. Die darin entwickelten Gedanken werden nach
Huberts Feststellungen für die weitere Gestaltung der Gottesdienst-
formen in Straßburg maßgebend. Bucers Vorschläge setzen sich in den
folgenden Jahren durch. Manche Bestandteile der römischen Messe wie
das Kyrie und Gloria verschwinden.

2. Der theologische Hintergrund
Die Zeit, in der Bucer an seine liturgische Programmschrift ging, war
von Aufregungen aller Art erfüllt. Die Erregungen des Bauernkrieges
schlugen ihre Wellen. Wie N. Gerbel seinem Freunde J. Schwebel am
30. Mai 1524 berichtet, kamen täglich Bauern nach Straßburg, um sich die
deutsche Messe anzuhören7. Die Glaubenskämpfe setzten so intensiv ein,
daß auch schon Flüchtlinge eintrafen, die sich in ihrer Heimat um ihres
Glaubens willen nicht halten konnten.
Bucer, der sein Amt an St. Aurelien gerade antrat und daneben seine
Vorlesungstätigkeit fortsetzte, führte um diese Zeit in seinem Brief-
wechsel die grundsätzliche Auseinandersetzung mit Erasmus in der
Abendmahlsfrage. Diese ihn beanspruchenden und bewegenden Ge-
danken spiegeln sich auch in seiner zusammenfassenden Schrift zur
Neuordnung des Gottesdienstes wieder.
Hatte Bucer seine ersten Schriften, die zum großen Teil der Verteidi-

4. A.a.O., S. LXVI ff.
6. Vgl. J. Adam, a.a.O., S. 72.

5. A.a.O., S. LVIII.
7. Centuriae ad Schwebelium, p. 68.
 
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