GRUND UND URSACH
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len nit mit dem gewissen wort gottes, in seiner heiligen schrifft ver-
fasset, gleich und gemeß sey. Ist auch unser gröste clag, das unser
widerpart bißher allenthalb verhindert hat, das wir unser leer und thun
nit haben mögen offentlich vor aller welt grundt und ursach geben
5 und darthun, wie wir des zu thun wissen. Wir suchen und schewent
das liecht nit wie unsere widersecher. Der almechtig wölle durch
Christum unsern herren E.F.G. verlyhen, sein wort recht zu fassen und
dabey zu gewisser wolfart und seligkeit irer und irer underthan fest zu
bleiben und verharren. Amen.
10 Geben zu Straßburg xxvi. Decembris 1524.
E.F.G. undertheniger diener
Martin Butzer. |
Christlicher leser: damit ich niemandt ein anstoß geb, will ich mich be- C 1 a
fleissen, nit allein die meinung götlicher schrifft zu setzen, sonder auch
15 irer wort zu gebrauchen. Darumb wöll sich niemant entsetzen, ob er
etwa andere dann des gemeinen brauchs wort hie lesen wurd. Er besehe
die schrifft, so würt er finden, das solche wort vom heyligen geist und
nit mir auffbracht und gesetzet seind.
Von neüwerung am nachtmal des Herren.
20 Das nachtmal desf herren, wie es der heylig geist durch den mundt
Pauli nennet38, hat man jetzt ein lange zeyt Meß geheissen, nemlich bey
den underthonen Römischer kirchen. Und meniklich beredt, das, so der
priester meß haltet, opffere er den leyb und das blut Christi für lebendig
und todten, das kein nutzlicher und heylsamer gut werck geacht worden
25 ist, und dise auffopfferung zu bedeüten, hat man das brot und kelch des
herren pflegt auffzuheben, auch deßhalb nit geacht, ob schon nieman
mit das nachtmal des herrn genossen hat, mer solche kleider gebraucht
wie bey den juden und heyden die opfferer, zu latein sacerdotes genent,
zum teyl im brauch gewesen, auff das die meß aller ding ein auffopfferung
30 gleich were und dafür gehalten wurde39.
Wir aber von den gnaden gottes seins heyligen worts berichtet (im
sey des ewigs lob) wissen, das die greülichste, vergifftigste und aller-
f) der AB.
38. 1 Cor 11,20.
39. Dieser Abschnitt ist eine Einleitung und behandelt die Frage der Neuerungen
zunächst ganz allgemein, nicht jedoch die Neugestaltung der Abendmahlsfeier. Am
Schluß des Abschnittes wendet B. sich an die Wohlmeinenden, die seinen Grund-
sätzen, das heißt der einzigen Norm der Hl. Schrift folgen.
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len nit mit dem gewissen wort gottes, in seiner heiligen schrifft ver-
fasset, gleich und gemeß sey. Ist auch unser gröste clag, das unser
widerpart bißher allenthalb verhindert hat, das wir unser leer und thun
nit haben mögen offentlich vor aller welt grundt und ursach geben
5 und darthun, wie wir des zu thun wissen. Wir suchen und schewent
das liecht nit wie unsere widersecher. Der almechtig wölle durch
Christum unsern herren E.F.G. verlyhen, sein wort recht zu fassen und
dabey zu gewisser wolfart und seligkeit irer und irer underthan fest zu
bleiben und verharren. Amen.
10 Geben zu Straßburg xxvi. Decembris 1524.
E.F.G. undertheniger diener
Martin Butzer. |
Christlicher leser: damit ich niemandt ein anstoß geb, will ich mich be- C 1 a
fleissen, nit allein die meinung götlicher schrifft zu setzen, sonder auch
15 irer wort zu gebrauchen. Darumb wöll sich niemant entsetzen, ob er
etwa andere dann des gemeinen brauchs wort hie lesen wurd. Er besehe
die schrifft, so würt er finden, das solche wort vom heyligen geist und
nit mir auffbracht und gesetzet seind.
Von neüwerung am nachtmal des Herren.
20 Das nachtmal desf herren, wie es der heylig geist durch den mundt
Pauli nennet38, hat man jetzt ein lange zeyt Meß geheissen, nemlich bey
den underthonen Römischer kirchen. Und meniklich beredt, das, so der
priester meß haltet, opffere er den leyb und das blut Christi für lebendig
und todten, das kein nutzlicher und heylsamer gut werck geacht worden
25 ist, und dise auffopfferung zu bedeüten, hat man das brot und kelch des
herren pflegt auffzuheben, auch deßhalb nit geacht, ob schon nieman
mit das nachtmal des herrn genossen hat, mer solche kleider gebraucht
wie bey den juden und heyden die opfferer, zu latein sacerdotes genent,
zum teyl im brauch gewesen, auff das die meß aller ding ein auffopfferung
30 gleich were und dafür gehalten wurde39.
Wir aber von den gnaden gottes seins heyligen worts berichtet (im
sey des ewigs lob) wissen, das die greülichste, vergifftigste und aller-
f) der AB.
38. 1 Cor 11,20.
39. Dieser Abschnitt ist eine Einleitung und behandelt die Frage der Neuerungen
zunächst ganz allgemein, nicht jedoch die Neugestaltung der Abendmahlsfeier. Am
Schluß des Abschnittes wendet B. sich an die Wohlmeinenden, die seinen Grund-
sätzen, das heißt der einzigen Norm der Hl. Schrift folgen.