GRUND UND URSACH
263
Darumb, wie Paulus von solichem aberglauben der tag172, durch den
ein tag vor dem andern zu halten vermeint würt, mit grossem ernst
abzeücht, als wir an jetz angezogenem ort sehen und auch Col. 2 [16],
gepürt uns, solichs nit mit wenigeren zu treiben. Dann man zu unsern
5 zeyten vil ergerlicher an ta|gen hanget. Jene meinten, dieweyl gott
durch Mosen etlich tag zu feyren gepotten hat173, es were billich, das
man sye hielte, und irten allein doran, das sye nit erkandten, das sye
Christus von solchen satzungen erlöset hat und das er ir heyl würcket,
nit sye durch solich eüsserlich cerimonien, dann sye Christlicher freyheit
10 noch nit gentzlich berichtet waren. Die unsern aber seind gefallen auff
tag, die nur die menschen gepotten haben und iren vil von heydischen
prauch gezogen wider die hellen gepot gottes; mitt denen meinen sye,
sye thun gott ein grossen dienst, so sye doch nur etlich kirchen gepreng
treiben und darnach vil mer dann auff andere tag in allen bösen fleisch-
15 lichen wercken sich besudlen174, und nit allein wöllen sye gott mit
solchem dienen, sonder vil mer der mutter Christi und den heylgen,
do sich aber vil unzelichs irthumbs mit einmenget. Und ob dem irthumb
halten sye harter dann ob so vil götlichen nötigen gepotten, unan-
gesehen das uns Christus und die Aposteln vor solchen menschenleren
20 und gepoten so fleissig gewarnet haben, und wir auch sehen und greiffen,
das die feyrtag ursach und raum geben zu allem bösen. Wie solt dann
nun ein Christ, der undergang der sünden und auffgang der gerechtig-
keit auch mit verlust seins lebens zu fürdern alzeit sol geneigt und bereit
sein, nit ab den feyrtagen ein abschewe haben und sye abzutreiben allen
25 müglichen fleiß fürwenden ?
Und ob jemant sagen wolt, man tribe die aberglauben ab, das die
Christen ein tag halten als den andern, nit vermeinen, mitt feyren umb
gott etwas zu verdienen noch die heiligen unchristlicher weyß zu eeren,
das sye auchz alle üppikeit und fleischliche werck auff solche tag ab-
30 stellen und hören dafür das wort gottes mit übung der werck bruder-
licher lieb, Antwort: wo wir schon alles durch das einig wort on exempel
in solichem möchten zu wegen bringen, das also der feyrtag | mißbreüch
abkemen (das doch, so man schon mit exempel den worten zeügnüß
gibt und mit Christo den sabbath etwan brechet, nit möglich sein mag,
35 nachdem deren, die sich durchs wort füren lassen, der weniger teyl ist),
was solt doch für ein ursach sein, also die tag andern und unnütze feyr
anrichten on einig wort gottes ? Wiltu die leüt fürwerffen, denen man
z) anch AB.
172. Aberglaube in Straßburg vgl. L. Pfleger, a.a.O., S. 203-206.
173. Ex 23,14-17.
174. Die sittlichen Zustände in Straßburg beschreibt J. Adam, a.a.O., S. 11 ff.;
L. Pfleger, a.a.O., S. 213 ff.
N 2 a
N 2 b
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Darumb, wie Paulus von solichem aberglauben der tag172, durch den
ein tag vor dem andern zu halten vermeint würt, mit grossem ernst
abzeücht, als wir an jetz angezogenem ort sehen und auch Col. 2 [16],
gepürt uns, solichs nit mit wenigeren zu treiben. Dann man zu unsern
5 zeyten vil ergerlicher an ta|gen hanget. Jene meinten, dieweyl gott
durch Mosen etlich tag zu feyren gepotten hat173, es were billich, das
man sye hielte, und irten allein doran, das sye nit erkandten, das sye
Christus von solchen satzungen erlöset hat und das er ir heyl würcket,
nit sye durch solich eüsserlich cerimonien, dann sye Christlicher freyheit
10 noch nit gentzlich berichtet waren. Die unsern aber seind gefallen auff
tag, die nur die menschen gepotten haben und iren vil von heydischen
prauch gezogen wider die hellen gepot gottes; mitt denen meinen sye,
sye thun gott ein grossen dienst, so sye doch nur etlich kirchen gepreng
treiben und darnach vil mer dann auff andere tag in allen bösen fleisch-
15 lichen wercken sich besudlen174, und nit allein wöllen sye gott mit
solchem dienen, sonder vil mer der mutter Christi und den heylgen,
do sich aber vil unzelichs irthumbs mit einmenget. Und ob dem irthumb
halten sye harter dann ob so vil götlichen nötigen gepotten, unan-
gesehen das uns Christus und die Aposteln vor solchen menschenleren
20 und gepoten so fleissig gewarnet haben, und wir auch sehen und greiffen,
das die feyrtag ursach und raum geben zu allem bösen. Wie solt dann
nun ein Christ, der undergang der sünden und auffgang der gerechtig-
keit auch mit verlust seins lebens zu fürdern alzeit sol geneigt und bereit
sein, nit ab den feyrtagen ein abschewe haben und sye abzutreiben allen
25 müglichen fleiß fürwenden ?
Und ob jemant sagen wolt, man tribe die aberglauben ab, das die
Christen ein tag halten als den andern, nit vermeinen, mitt feyren umb
gott etwas zu verdienen noch die heiligen unchristlicher weyß zu eeren,
das sye auchz alle üppikeit und fleischliche werck auff solche tag ab-
30 stellen und hören dafür das wort gottes mit übung der werck bruder-
licher lieb, Antwort: wo wir schon alles durch das einig wort on exempel
in solichem möchten zu wegen bringen, das also der feyrtag | mißbreüch
abkemen (das doch, so man schon mit exempel den worten zeügnüß
gibt und mit Christo den sabbath etwan brechet, nit möglich sein mag,
35 nachdem deren, die sich durchs wort füren lassen, der weniger teyl ist),
was solt doch für ein ursach sein, also die tag andern und unnütze feyr
anrichten on einig wort gottes ? Wiltu die leüt fürwerffen, denen man
z) anch AB.
172. Aberglaube in Straßburg vgl. L. Pfleger, a.a.O., S. 203-206.
173. Ex 23,14-17.
174. Die sittlichen Zustände in Straßburg beschreibt J. Adam, a.a.O., S. 11 ff.;
L. Pfleger, a.a.O., S. 213 ff.
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