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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0272
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MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN

heydnisch weyß das gut jar mit vilen aberglauben, auff der dreykönigtag
macht man könig und halt saturnalia, auff den auffarttag zerlegt man die
hammen189. Und wer wolt die aberglauben und heydnische mißbreüch,
deren ein jedes ort seine eigene hat, alle erzelen? | Darumb erfordert
die lieb, ursach zu solchem abzustellen. 5
Sprichstu dann, man treib durchs wort die mißbreüch ab. Antwurt:
sye nemens wort nit alle an, sonder ist dem grössern hauffen von nöten,
sol man bey inen die mißbreüch gemelter tag abstellen, das man für
wor die tag gar abstelle. Dazu seind under denen, die es annemen, vil
schwacher, die auch exempel bedörffen, domit man sye vom aberglauben 10
solcher tag abreisse. So dann die gotseligen keiner gesetzten tag be-
dörffen, götlich guthat zu bedencken und wir nit leücknen mögen, das
solche tag dem grossen hauffen, der durch satzung und ordnung muß
geregiert werden, schedlich seind, der sich dann der freyheit von leip-
licher arbeit nur zu üppigem müssiggang weiß zu gebrauchen. Warumb 15
wolten wir dann solche feyrtag nit ein mitt dem andern abthun, die on
wort gesetzet und dem wort vil hindernüß und aller erbarkeit grossen
abruch bracht haben? Wölchs auch durchs wort, das dann der kleiner
hauff annimpt, nit mag geweret werden? Wir predigen alle tag hie
zwiret, offt dreistet190, wolt gott, der ernst wer so groß, das wir mer zu 20
predigen ursach hetten, die arbeit solt uns nit beschweren. Dazu ermanet
man die herschafft, das sye ir gesünd früntlich halten und zu götlichem
fürdern, das auch durchs wort bas mag erlangt werden, dann das sich
das gesind der jung und groß hauff der feyrtag wol gebrauchte.
Dieweyl dann glat kein ursach ist, darumb ein fest bleiben solt und 25
das ander abgon, auch nit mag geleücknet werden, sye haben alle ge-
schadet und die grösten am meysten, so werden wir uns mitt dem einigen
Sonnentag zu feyren lassen benügen, wölchen dann die brüderlich lieb
allein erfordert, und gott geb uns gnad, das wir auff solche die mißbreüch
mögen durchs wort abtreiben, auff wölche doch die wenigsten geregiert 30
haben. Und also, das wir alle andere feirtag zu mal ab | stellen, haben
wir kein zweifel, wir thuen, das unser ampt erfordert, gott gefellig und
der gemein gottes hoch nützlich und besserlich sein würt. Des predigens,
wölchs etlich zum zanck fürwerffen und sein doch sust nit hoch achten,
sol kein mangel darumb bescheynen. Und wölchen kein zanckgyrikeit 35
oder abergläubische achtung der tag vexieret, würt es also auch er-
kennen und auffnemen. Es sehe ein jeder auff sich, es ist unser hertz
darumb nit gerecht, ob es uns schon gantz gerecht beduncket, seine
tück seind allein gott alle bekant.

189. Über Straßburger Feiertagssitten (Weihnachten, Neujahr u. a.) vgl. J. Adam,

a.a.O., S. 192.
190. Zwiefach, dreifach.
 
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