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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0433
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GESPRECHBIECHLIN NEÜW KARSTHANS 429
F. Was solt man darvon sagen ? Es ist alles nit vast gut, gleychwie |
auch die kirchen selbs, deren sie mer dann zuvil und allzu köstlich
bauwen. Darvon wir hernach reden wöllen. Als auch die grossen stifftung
der pfrunden, daran mancher unnützlich wendet, das seine kinder hernach
5 gar schwärlich108 emberen müssen, und kompt doch gar kein nutz
darvon. Dann es reicht zu erhaltung müssigganger, voller, unnzüchtiger
heüt. Die nennet man yetzundt geistlich, und sie gehn sich auch darfür
uß, wiewol sie weyt von geistlichen gedancken und wercken seind. Aber
das unverständig volck zu betriegen, machen sie den leüten ein spiegel-
10 fechtens vor augen mit iren Ceremonien und gauklerey.
K. Juncker, was seind Cormonius?
F. Hans, Ceremonie, (als mich Hutten bericht), heissen usserliche
geberde, die man in den kirchen zu gottes dienst übet, als mit neygen,
bucken, | cleidungen, singen, reüchen109, fanen und creütz tragen, sich
15 her und dar wenden, dise und jhene ordenung halten und dergleychen
on zal. Der waren in der alten Ee110 vil und von gott selbs gebotten.
Aber nun wär ir keins von nöten. Dann yetzund sol man gott im geist
dienen und ausserlich gar nichts anders dann gutte werck, darvon
andere beyspil nemen, mit demütigkeit erzeygen111. Darvon Christus
20 sagt: Eüwer liecht sol leüchten vor den menschen, das sie eüwere gutten werck
sehen und meinen hymelischen vatter dar durch erenz [Mt 5,16]. Und darumb
schreybt sant Jacob in seiner Epistel [3,13]: Wer ist under eüch weyß und
mit kunst geziert, der beweyß seine werck durch ein guttes beywesen mit sänfft-
mütigkeit. Sant Hieronymus112 sagt auch: »In der kirchen gottes muß
25 man nit allein leren, sunder auch thun, uff das nit die wort durch die
werck zerbrochen werden.« Aber yetzund findt man pfaffen und leider
den meisten teyl der geistlichen, die nit allein böse werck nit fliehen,
sunder sich auch der nit schämen, treyben die offentlich und on alles
scheüwen, darvon groß ärgernüß kompt. Paulus schreybt zu den
30 Thessalonicensern [1 Thess 5,22]: Ir solt eüch auch vor einem yeglichen schein
des übeln hüten, damit hat er gewölt, sie sollen auch verhüten, das sie nit
übel gethon haben gesehen werden, ob in schon unrecht geschäch,
also gantz hat er sie rein haben wöllen, das solten unsere priester yetzund
behertzigen und ire schand nit so offentlich treyben, das man nit, ob
35 schon einer under in fromm wär, sich doch nichts guttes (wie yetzund
geschicht) zu im versehen dörfft umb des gemeynen bösen lebens der
pfaffen willen.
z) ere B.
108. Mühsam. 109. Räuchern. 110. Bund.
in. Vgl. die humanistische Kritik an den kirchlichen Zeremonien; Erasmus,
Holborn, S. 67-87 (Enchiridion).
112. Vgl. Comm. in Isaiam prophetam XVI; MSL 24, 583.

669
Stifftung der pfrunden.

Ceremonie yetzund in den
kirchen.
E1b

Erzeygung guter wercke.

Ergernüß von den pfaffen
yetzund.

Offentlich schande der
pfaffen.
 
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