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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0440
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436

MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN

Merck sant Paulus ler.

Sich der welt entschlagen.

F2b
675

Christo nachvolgen.

Der pfaffen bettlerey.

Zu den kirchen geben.

Geraubt gut zu den
kirchen geben.

ir gut und weltlich eer mit dem bann, ja yetzund auch mit dem schwert
zu verfechten. Wie hatt aber Paulus gethon? Er spricht: Nitt uff das
ich mich fülle, sunder das nur ir nit leer bleybent140. Und schreybt zu
den Rhömern [12,14]: Redent wol den, die eüch schelten, redent wol, und nit
solt ir schelten. Und zu den Corinthiern [1 Cor 4,12] berümbt er sich der 5
Apostolischen volkommenheit sprechend: Wir werden verducht1141 und
gebenedeyen, wir leyden vervolgung und haben gedult, wir werden verflucht und
betten. Er schreybt auch zu den Thessa. [1 Thess 5,15]: Secht, das eüwer
keiner böß für böß gebe, sunder allweg wendent das gut für. So sagt Cristus:
Ob dich einer schlüg an rechten backen, reich im auch den lincken, und der mit 10
dir am gericht kriegen wil und dir deinen rock nemen, gib im auch den mantel
[Mt 5,39-40]. Also gar hat er nit gewölt, das wir unsern eygen nutz und
frummen ansehen. Und das solten zuvoran die pfaffen, als die volkomme-
ne, betrachten und uns in guten beyspilen vorgeen, sich nit allein solli-
cher ding enthalten, sunder auch der welt gantz abthun. Dann sant 15
Jacobus sagt in seiner Epistel [4,4]; Ein yeder, der wil sein ein freünd
der welt, würt gemacht ein feynd gottes. Und Christus spricht Lu. am
viiii.j [23]: Wer mir nachvolgen wil, der verleugnen sich selbs und nem täglich
sein creütz und volg mir nach. Und do er seinen hymelischen vatter für sein
junger bat, Jo. am xvii. [14.18]: dann warumb sie sind nit von der welt, als 20
auch ich nit von der welt bin, und | wie du mich hast in die welt geschickt, also
schicke ich sie auch in die welt. Daruß clärlich | zu vernemen, das er hat
gewölt, die Apostel und ire nachkommen, priester und gaistlichen, im
am nechsten nachvolgen und in seinem beyspil leben. Darumb solten
sie sich nymmer der Apostel gewalt berümen, sie wären in dann mit 25
den wercken gleych. Oder sich gottes vicarien nennen, sie wären dann
eins volkommelichen lebens. Dann sant Johannes sagt in seiner Epistel
[1 Jo 2,6]: Wer spricht, er bleyb bey Christo, der sol wandlen, wie auch er ge-
wandlet hat. Wie wir aber vor darvon geredt haben, ist es in nit umb
die werck, sunder umb weltlichk eer und gut zu thun, geülen142 und 30
heischen nur ye mer und mer zu den kirchen. Und wer in etwas nympt,
der hat es der Christlichen kirchen genommen und gott selbs. Sie haben
auch das volck überredt, das kein grösser rauberey sey, dann den kirchen
etwas entziehen, kein besser werck, dann vil an die kirchen geben. Und
bedencken nit des propheten Osee [6,6] wort, darvon Christus offt im 35
Ewangelio143 sagt: Ich wil barmhertzigkeit und nit das opffer.
K. Das sihe ich täglich von in, und sie samlen für und für gelt und gut.
Aber nymmer kan man den kirchen zuvil geben. Ob man auch armen

i) verflucht B. - j) viii. AB. - k) weltltch A.

140. Vgl. Phil 4, 17. 141. Verfluchen.
142. Geilen, übermütig sein, Unzucht treiben.

143. Vgl. Mt 9,13.
 
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