18 1. consilium admodum paternum
Die Frage nach dem Verfasser dieser sarkastischen Kommentare, d. h. nach der
Identität des evangelischen Theologen, der sich hinter dem Pseudonym »Eusebius
Pamphilii« verbirgt, kann nicht befriedigend beantwortet werden. Zeitgenössische
Zeugen sprechen für die Autorschaft Calvins: Der Bucer-Forscher Cornelis Augustijn
wies 1991 auf die von Johannes Sleidan bereits 1555 vorgenommene eindeutige
Zuschreibung an den damals in Straßburg weilenden französischen Juristen und
späteren Genfer Reformator hin. ¹ Noch schwerwiegender – und von Augustijn damals
noch nicht zur Kenntnis genommen – ist das zeitlich nähere Zeugnis Martin
Bucers, der am 6. September 1541 in einem Brief an den Nürnberger Prediger Veit
Dietrich das knappe Postscriptum hinzufügte: »Glossae Concilii paterni oratione
Calvini est, nihil in eo Sturmii« ² .
Dennoch ist die postulierte Autorschaft Calvins mit Stil und Inhalt des ›Consilium
admodum paternum‹ kaum in Einklang zu bringen. Zunächst ist das Latein
dieser Schrift demjenigen der – auch während Calvins Straßburger Zeit verfaßten –
Antwortschrift an Kardinal Sadolet ³ weit unterlegen. ⁴ Sodann fallen das explizite
und häufig artikulierte Selbstverständnis des Verfassers als Deutscher und seine Vertrautheit
mit deutschen Angelegenheiten ins Auge. ⁵ Vor allem auffällig sind aber
die unzähligen inhaltlichen Überschneidungen mit Werken Bucers dieser Jahre,
etwa mit ›Per quos steterit ⁶ (September 1540), ›Acta colloquii ⁷ (September 1541)
und ›Alle Handlungen ⁸ (Dezember 1541) – Überschneidungen, die Augustijn detailreich
und überzeugend herausgearbeitet hat. ⁹ Obwohl der Calvin-Bibliograph
Jean-François Gilmont diesen Text in sein Verzeichnis der Werke Calvins aufgenommen
hat, betrachtet er Martin Bucer durchaus als den maßgeblichen Verfasser
desselben. ¹⁰ Nach Kenntnisnahme des Briefes Bucers an Veit Dietrich und Besprechung
des Sachverhalts mit Gilmont schloß sich auch Augustijn seiner These an: Bucer
habe Calvin in die vordergründige Rolle eines Redaktors oder Sekretärs gedrängt
und seine eigene Beteiligung am Zustandekommen des ›Consilium‹ bewußt
heruntergespielt, um sich im Vorfeld des Regensburger Religionsgespräches nicht
1. Vgl. Augustijn, Die Autorschaft, S. 258f. Die Begründung Sleidans, die die Aufnahme in die
Edition der Werke Calvins 1866 motivierte, wird in CO 5, S. liii-lv in voller Länge wiedergegeben.
2. Nemilov, Lettre de Martin Bucer à Veit Dietrich, S.575.
3. CO 5, Sp.385–416; vgl. dazu Strohm, Calvin, S.57 f.
4. Ausführlich hierzu Augustijn, Die Autorschaft, S.259 f.
5. Vgl. die zahlreichen Belege bei Augustijn, Die Autorschaft, S. 261f.; vgl. v. a. den Abschnitt
S. 84,1–86,12 sowie die Formulierung »nostra Germania« (vgl. unten S. 124,1f.).
6. BDS 9,1, S.146–321.
7. BDS 9,2, S.115–227.
8. BDS 9,2, S.229–428.
9. Vgl. v.a. Augustijn, Die Autorschaft, S. 262–267.
10. Gilmont, Bibliotheca Calviniana II, S. 1107–1112 (vgl. die Diskussion der Aufsätze Augustijns
und Nemilovs auf S. 111f.).
Die Frage nach dem Verfasser dieser sarkastischen Kommentare, d. h. nach der
Identität des evangelischen Theologen, der sich hinter dem Pseudonym »Eusebius
Pamphilii« verbirgt, kann nicht befriedigend beantwortet werden. Zeitgenössische
Zeugen sprechen für die Autorschaft Calvins: Der Bucer-Forscher Cornelis Augustijn
wies 1991 auf die von Johannes Sleidan bereits 1555 vorgenommene eindeutige
Zuschreibung an den damals in Straßburg weilenden französischen Juristen und
späteren Genfer Reformator hin. ¹ Noch schwerwiegender – und von Augustijn damals
noch nicht zur Kenntnis genommen – ist das zeitlich nähere Zeugnis Martin
Bucers, der am 6. September 1541 in einem Brief an den Nürnberger Prediger Veit
Dietrich das knappe Postscriptum hinzufügte: »Glossae Concilii paterni oratione
Calvini est, nihil in eo Sturmii« ² .
Dennoch ist die postulierte Autorschaft Calvins mit Stil und Inhalt des ›Consilium
admodum paternum‹ kaum in Einklang zu bringen. Zunächst ist das Latein
dieser Schrift demjenigen der – auch während Calvins Straßburger Zeit verfaßten –
Antwortschrift an Kardinal Sadolet ³ weit unterlegen. ⁴ Sodann fallen das explizite
und häufig artikulierte Selbstverständnis des Verfassers als Deutscher und seine Vertrautheit
mit deutschen Angelegenheiten ins Auge. ⁵ Vor allem auffällig sind aber
die unzähligen inhaltlichen Überschneidungen mit Werken Bucers dieser Jahre,
etwa mit ›Per quos steterit ⁶ (September 1540), ›Acta colloquii ⁷ (September 1541)
und ›Alle Handlungen ⁸ (Dezember 1541) – Überschneidungen, die Augustijn detailreich
und überzeugend herausgearbeitet hat. ⁹ Obwohl der Calvin-Bibliograph
Jean-François Gilmont diesen Text in sein Verzeichnis der Werke Calvins aufgenommen
hat, betrachtet er Martin Bucer durchaus als den maßgeblichen Verfasser
desselben. ¹⁰ Nach Kenntnisnahme des Briefes Bucers an Veit Dietrich und Besprechung
des Sachverhalts mit Gilmont schloß sich auch Augustijn seiner These an: Bucer
habe Calvin in die vordergründige Rolle eines Redaktors oder Sekretärs gedrängt
und seine eigene Beteiligung am Zustandekommen des ›Consilium‹ bewußt
heruntergespielt, um sich im Vorfeld des Regensburger Religionsgespräches nicht
1. Vgl. Augustijn, Die Autorschaft, S. 258f. Die Begründung Sleidans, die die Aufnahme in die
Edition der Werke Calvins 1866 motivierte, wird in CO 5, S. liii-lv in voller Länge wiedergegeben.
2. Nemilov, Lettre de Martin Bucer à Veit Dietrich, S.575.
3. CO 5, Sp.385–416; vgl. dazu Strohm, Calvin, S.57 f.
4. Ausführlich hierzu Augustijn, Die Autorschaft, S.259 f.
5. Vgl. die zahlreichen Belege bei Augustijn, Die Autorschaft, S. 261f.; vgl. v. a. den Abschnitt
S. 84,1–86,12 sowie die Formulierung »nostra Germania« (vgl. unten S. 124,1f.).
6. BDS 9,1, S.146–321.
7. BDS 9,2, S.115–227.
8. BDS 9,2, S.229–428.
9. Vgl. v.a. Augustijn, Die Autorschaft, S. 262–267.
10. Gilmont, Bibliotheca Calviniana II, S. 1107–1112 (vgl. die Diskussion der Aufsätze Augustijns
und Nemilovs auf S. 111f.).