Incertarum fabularum fragmenta (fr. 19)
101
Interpretation Freier paraphrasiert bedeutet das Fragment: „Wenn ich dich
erwische, wie du schläfst, dann bist du selbst schuld an dem, was dir dann pas-
siert“; zu der Form der Drohung vgl. unten zu 2 σαυτόν αίτιώ. Vielleicht spricht
hier ein Herr zu seinem Sklaven (vgl. schon Kock I 774),128 dem er aufträgt,
irgendwo Wache zu halten (vgl. den Prolog von Aristophanes’ Wespen, wo die
Sklaven Xanthias und Sosias vor dem Haus des Philokleon Wache halten, und
Bdelykleon sie dann in Vers 135 fragt: ώ Ξανθία καί Σωσία, καθεύδετε;).
Interessante Übereinstimmungen (darunter auch der Tiervergleich zum
Ausdruck eines minimalen Vergehens) bestehen mit Ale. com. fr. 22,1-2 εί τι
γρύξομαι / ών σοι λέγω πλέον τι γαλαθηνού μυός (vgl. Orth 2013 (FrC 9.1),
110-4), allerdings mit dem Unterschied, dass dort keine Drohung ausgespro-
chen wird, sondern der Sprecher selbst von Konsequenzen für den Fall eines
auch nur kleinen eigenen Vergehens spricht.
Vgl. auch Ar. Vesp. 89 ϋπνου δ’ όρα τής νυκτός ουδέ πασπάλην und 213
τί ούκ άπεκοιμήθημεν όσον όσον στίλην; (wo jeweils in ähnlich bildhafter
Sprache von ein wenig Schlaf die Rede ist).
1 εί πεύσομαι Die Verwendung des Indikativs im Futur (und nicht
des Konjunktivs mit άν) scheint hier besonders passend, da es sich um eine
Drohung handelt (vgl. zu εί + Ind. Fut. in Drohungen Stelter 2004, 368, mit
weiterer Literatur zu der kontrovers diskutierten Frage).
κάν Eine plausible Ergänzung von Wilamowitz-Moellendorff 1907, 3.
Krasis aus καί έν (= καί έάν; aber vgl. KG I 245), oft wie hier elliptisch ohne
einen Konjunktiv verwendet (LSJ s.v. καν II), vgl. Soph. Ai. 1078 δοκεΐν πε-
σεΐν άν καν άπό σμικρού κακού, El. 1482-3 αλλά μοι πάρες / καν σμικρόν
είπεΐν, Ar. Ach. 1021 μέτρησαν ειρήνης τί μοι, καν πέντ’ έτη, Vesp. 92 ήν δ’
ούν καταμύση καν άχνην (insgesamt eine enge syntaktische und inhaltliche
Parallele zu dem Fragment des Nikochares), Plut. 126 έάν άναβλέψης σύ κάν
μικρόν χρόνον;. In allen diesen Beispielen wird mit κάν eine Bezeichnung für
eine kleine Menge verbunden; die Bedeutung ist jeweils „wenigstens / auch
nur ein bisschen“.
τον άηδόνιον ύπνον Vgl. Nonn. 5,411 όμμασιν άρπάξαντες αηδονιού
πτερόν ϋπνου (mit Chuvin 1976, 188); vgl. Cazzaniga 1963, 633 (der sich zu
Recht gegen die Annahme einer direkten Abhängigkeit des Nonnos von
Nikochares ausspricht). Die Schlaflosigkeit der Nachtigall (Luscinia megarhyn-
chos und Luscinia luscinicr, vgl. zur Nachtigall Arnott 2007, 1-2, und zu ihrer
128 Kein Grund besteht allerdings zu Kocks Annahme, dass der Sklave zuvor bereits
eingeschlafen ist und sich gegenüber dem Herrn mit den Worten ούδ’ άηδόνιον
κατέδαρθον gerechtfertigt hat (in diesem Fall wäre die nochmalige Erwähnung
des Schlafs der Nachtigall durch den Herrn redundant).
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Interpretation Freier paraphrasiert bedeutet das Fragment: „Wenn ich dich
erwische, wie du schläfst, dann bist du selbst schuld an dem, was dir dann pas-
siert“; zu der Form der Drohung vgl. unten zu 2 σαυτόν αίτιώ. Vielleicht spricht
hier ein Herr zu seinem Sklaven (vgl. schon Kock I 774),128 dem er aufträgt,
irgendwo Wache zu halten (vgl. den Prolog von Aristophanes’ Wespen, wo die
Sklaven Xanthias und Sosias vor dem Haus des Philokleon Wache halten, und
Bdelykleon sie dann in Vers 135 fragt: ώ Ξανθία καί Σωσία, καθεύδετε;).
Interessante Übereinstimmungen (darunter auch der Tiervergleich zum
Ausdruck eines minimalen Vergehens) bestehen mit Ale. com. fr. 22,1-2 εί τι
γρύξομαι / ών σοι λέγω πλέον τι γαλαθηνού μυός (vgl. Orth 2013 (FrC 9.1),
110-4), allerdings mit dem Unterschied, dass dort keine Drohung ausgespro-
chen wird, sondern der Sprecher selbst von Konsequenzen für den Fall eines
auch nur kleinen eigenen Vergehens spricht.
Vgl. auch Ar. Vesp. 89 ϋπνου δ’ όρα τής νυκτός ουδέ πασπάλην und 213
τί ούκ άπεκοιμήθημεν όσον όσον στίλην; (wo jeweils in ähnlich bildhafter
Sprache von ein wenig Schlaf die Rede ist).
1 εί πεύσομαι Die Verwendung des Indikativs im Futur (und nicht
des Konjunktivs mit άν) scheint hier besonders passend, da es sich um eine
Drohung handelt (vgl. zu εί + Ind. Fut. in Drohungen Stelter 2004, 368, mit
weiterer Literatur zu der kontrovers diskutierten Frage).
κάν Eine plausible Ergänzung von Wilamowitz-Moellendorff 1907, 3.
Krasis aus καί έν (= καί έάν; aber vgl. KG I 245), oft wie hier elliptisch ohne
einen Konjunktiv verwendet (LSJ s.v. καν II), vgl. Soph. Ai. 1078 δοκεΐν πε-
σεΐν άν καν άπό σμικρού κακού, El. 1482-3 αλλά μοι πάρες / καν σμικρόν
είπεΐν, Ar. Ach. 1021 μέτρησαν ειρήνης τί μοι, καν πέντ’ έτη, Vesp. 92 ήν δ’
ούν καταμύση καν άχνην (insgesamt eine enge syntaktische und inhaltliche
Parallele zu dem Fragment des Nikochares), Plut. 126 έάν άναβλέψης σύ κάν
μικρόν χρόνον;. In allen diesen Beispielen wird mit κάν eine Bezeichnung für
eine kleine Menge verbunden; die Bedeutung ist jeweils „wenigstens / auch
nur ein bisschen“.
τον άηδόνιον ύπνον Vgl. Nonn. 5,411 όμμασιν άρπάξαντες αηδονιού
πτερόν ϋπνου (mit Chuvin 1976, 188); vgl. Cazzaniga 1963, 633 (der sich zu
Recht gegen die Annahme einer direkten Abhängigkeit des Nonnos von
Nikochares ausspricht). Die Schlaflosigkeit der Nachtigall (Luscinia megarhyn-
chos und Luscinia luscinicr, vgl. zur Nachtigall Arnott 2007, 1-2, und zu ihrer
128 Kein Grund besteht allerdings zu Kocks Annahme, dass der Sklave zuvor bereits
eingeschlafen ist und sich gegenüber dem Herrn mit den Worten ούδ’ άηδόνιον
κατέδαρθον gerechtfertigt hat (in diesem Fall wäre die nochmalige Erwähnung
des Schlafs der Nachtigall durch den Herrn redundant).