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Crisam, öl, kertzen, saltz
und dergleichen würdt nit
mer gebraucht.
Ob man kinder teüffen mag.
M3a
258 MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
wasser, wie offt von weybern in geferlichen gepurten geschicht. Noch
vil unsinniger ist, das man sye am heyl der unteüfften kindlin hat leren
verzweiflen.
Also ist am tauff unser fürnemste reformation158, das wir durch das
wort leren den eüsserlichen tauff fur ein zeichen des rechten tauffs 5
Christi, das ist der innerlichen reinigung, widergepurt und ernewerung
halten, dadurch sye von inen selb und andern, als die Christo ergeben
seind und solich innerliche newe gepurt erlangen werden, geachtet und
gehalten werden sollen. Und das abweschung der sünd und erneüwerung
des gemüts alles allein Christo werde zugeben, der | die erwölten durch 10
sein geist reinigt, gläubig und selig macht. Wölchs sein tauff deßhalb ge-
heissen würt, das er uns solchen heiligen geist durch sein leiden ver-
dient und erworben hat.
Die ander reformationen oder newerung am tauff ist, das wir des Crisams,
öle, saltz, brot und kertzen leren nit achten noch brauchen. Ursach ist, 15
das sye menschen fündlin seind on wort fürgenommen, die zu vil aber-
glauben dient haben. Doher komen das solich Crisam und öle nur von
einem bischoff und allein auff den gründonderstag hat mögen gesegnet
werden. Deshalb auch vil die kindlin nit haben baden dörffen, der pfaff
hette sye dann vor umb ein pfennig oder creützer entwestert159, das ist 20
den crisam und öl abgeweschen. Solch gauckelwerck stot den klugen
verstendigen Christen, die allein ires herren wort achten und nach-
folgen sollen, übel an, dieweyl sye des gar kein wort haben und darzu
nit besserlich ist, wie bißher wol beschinen ist. Darumb, so pflegen wir
nach kurtzer verklerung, was der tauff sey und bedeüt, auch gemein 25
gepett, das Christus wölle das kind durch sein geist teüffen und von
allen sünden reinigen, on solich gepreng die kinder zu teüffen und sye
den pfettern160 sampt andern brüdern befelhen, das sye solche wöllen
als ire glider in Christo lieben und, so bald möglich, durch die heilsam
lere zu Christo füren. Des haben wir grund in der schrifft und nit weiters. 30
Dieweyl dann die schrifft alles guts leret, wissen wir weder uns noch die
unsern mit weitern cerimonien zu beladen, die doch unsern gemeinden
kein besserung möchten bringen, aber wol ein anstoß sein.
Nun seind aber, die gantz von nöten achten, man solte auch die
dritten reformation161 und enderung hie machen, nemlich das man die 35
kinder nit teüffe, meinen, wir haben weder wort noch exempel in der
schrifft, solichs zu thun162. Dann | Christus habe seine jünger geheissen,
158. Neuerung, Reform.
159. Entwestern = entledigen. Grimm III, Sp 657. 160. Paten.
161. Mit der »dritten Reformation« meint B. den Versuch der Schwärmer, die
angeblich unfertige lutherische Reformation zu vollenden.
162. Unter den Gegnern der Kindertaufe wird in erster Linie Karlstadt zu ver-
stehen sein. Von Thomas Münzer hat B. anscheinend keine Kenntnis.
Crisam, öl, kertzen, saltz
und dergleichen würdt nit
mer gebraucht.
Ob man kinder teüffen mag.
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258 MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
wasser, wie offt von weybern in geferlichen gepurten geschicht. Noch
vil unsinniger ist, das man sye am heyl der unteüfften kindlin hat leren
verzweiflen.
Also ist am tauff unser fürnemste reformation158, das wir durch das
wort leren den eüsserlichen tauff fur ein zeichen des rechten tauffs 5
Christi, das ist der innerlichen reinigung, widergepurt und ernewerung
halten, dadurch sye von inen selb und andern, als die Christo ergeben
seind und solich innerliche newe gepurt erlangen werden, geachtet und
gehalten werden sollen. Und das abweschung der sünd und erneüwerung
des gemüts alles allein Christo werde zugeben, der | die erwölten durch 10
sein geist reinigt, gläubig und selig macht. Wölchs sein tauff deßhalb ge-
heissen würt, das er uns solchen heiligen geist durch sein leiden ver-
dient und erworben hat.
Die ander reformationen oder newerung am tauff ist, das wir des Crisams,
öle, saltz, brot und kertzen leren nit achten noch brauchen. Ursach ist, 15
das sye menschen fündlin seind on wort fürgenommen, die zu vil aber-
glauben dient haben. Doher komen das solich Crisam und öle nur von
einem bischoff und allein auff den gründonderstag hat mögen gesegnet
werden. Deshalb auch vil die kindlin nit haben baden dörffen, der pfaff
hette sye dann vor umb ein pfennig oder creützer entwestert159, das ist 20
den crisam und öl abgeweschen. Solch gauckelwerck stot den klugen
verstendigen Christen, die allein ires herren wort achten und nach-
folgen sollen, übel an, dieweyl sye des gar kein wort haben und darzu
nit besserlich ist, wie bißher wol beschinen ist. Darumb, so pflegen wir
nach kurtzer verklerung, was der tauff sey und bedeüt, auch gemein 25
gepett, das Christus wölle das kind durch sein geist teüffen und von
allen sünden reinigen, on solich gepreng die kinder zu teüffen und sye
den pfettern160 sampt andern brüdern befelhen, das sye solche wöllen
als ire glider in Christo lieben und, so bald möglich, durch die heilsam
lere zu Christo füren. Des haben wir grund in der schrifft und nit weiters. 30
Dieweyl dann die schrifft alles guts leret, wissen wir weder uns noch die
unsern mit weitern cerimonien zu beladen, die doch unsern gemeinden
kein besserung möchten bringen, aber wol ein anstoß sein.
Nun seind aber, die gantz von nöten achten, man solte auch die
dritten reformation161 und enderung hie machen, nemlich das man die 35
kinder nit teüffe, meinen, wir haben weder wort noch exempel in der
schrifft, solichs zu thun162. Dann | Christus habe seine jünger geheissen,
158. Neuerung, Reform.
159. Entwestern = entledigen. Grimm III, Sp 657. 160. Paten.
161. Mit der »dritten Reformation« meint B. den Versuch der Schwärmer, die
angeblich unfertige lutherische Reformation zu vollenden.
162. Unter den Gegnern der Kindertaufe wird in erster Linie Karlstadt zu ver-
stehen sein. Von Thomas Münzer hat B. anscheinend keine Kenntnis.