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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0389
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DUBIOSA

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2. Gesprechbiechlin neüw Karsthans
DIE DATIERUNG
Am 27. September 1521 berichtete Cochläus aus Frankfurt an Aleander
nach Rom, daß bei der Herbstmesse der Büchermarkt von antipäpst-
lichen, lutherischen Drucken überschwemmt war. Unter den Schriften,
die er Aleander nennt, befindet sich: »Karsthans novus31«. Als Terminus
ad quem für die Abfassung des Neukarsthans können wir somit den
August 1521 annehmen.
Im Titel liegt die klare Bezugnahme auf zwei Schriften. Zunächst ist
im »Gesprechbiechlin« Huttens berühmter Titel: Gesprächbüchlin
wiederaufgenommen. Hutten bezeichnet damit zunächst und auch
sprachlich richtiger eine Sammlung von Gesprächen. Unser » Gesprech-
biechlin« hegt wohl nach Huttens Veröffentlichung, also nicht vor dem
Januar 1521. Die zweite Anspielung liegt im Namen »neüw Karsthans «,
womit eindeutig der Karsthans vorausgesetzt ist. Diese Flugschrift ist
bald nach Neujahr 1521 in Straßburg zum ersten Mal gedruckt worden32.
Im Mittelpunkt steht die volkstümliche Gestalt des Karsthans, des Bau-
ern, der mühsam mit dem Karst arbeitet. Der Neukarsthans ist also in
den Monaten Februar - August 1521 entstanden.
Der Dialog, ein Gespräch zwischen Franz von Sickingen und dem
Karsthans, setzt eine ganz bestimmte politische Lage voraus. Das ent-
scheidende politische Ereignis der in Frage stehenden Zeit ist der
Reichstag in Worms, Luthers Erscheinen vor Kaiser und Reich und das
Wormser Edikt vom 26. Mai 1521. Daß Luther zum Reichstag kommt,
oder sein Bekenntnis vor den Fürsten des Reiches wird im Gegensatz
zum »Schönen Dialogus« mit keinem Wort erwähnt. Anders scheint
es mit dem Wormser Edikt zu sein:
F. Unser Allergnedigster herr, Keiser Karlin, sol anheben und dem
wöllen wir all dartzu dienen.
K. Ach juncker, ich hab sorg, er werd es nit thun, dann er ist gut
Bäpstisch, hat derhalben doctor Luthers bücher verbrennen lassen und
mit grymmigen, scharpffen mandaten in die acht gethon, vervolgt auch
den Hutten, als ich höre.
31. Vgl. W. Friedensburg: Beiträge zum Briefwechsel der katholischen Gelehrten
Deutschlands im Reformationszeitalter. ZKG 18, 1898, S. 125.
32. Vgl. 0. Clemen: Flugschriften aus den ersten Jahren der Reformation, 4. Bd.
1911. Karsthans, hg. v. H. Burckhardt, S. 3-133. Zur Gestalt des Karsthans in
den Flugschriften der Reformationszeit vgl. P. Böckmann: Der gemeine Mann in
den Flugschriften der Reformation. In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literatur-
wissenschaft und Geistesgeschichte 22, 1944, S. 194ff. Zu den beiden Flugschriften,
die B. zugeschrieben werden, vgl. ebd., S. 203 ff., und K. Uhrig: Der Bauer in
der Publizistik der Reformation bis zum Ausgang des Bauernkrieges. In: ARG,
33, 1936, S. 116ff.
 
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