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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0424
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MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN

die bischof gleych.

C3a 662
den bapst allerheiligsten
vatter nennen.

was den prelaten zu
bedencken.

wie man das priesterlich
ampt annemen sol.

cristus die thür seins
schaffstals.

C3b
Ein guter hirt wie Christus.

K. Wie ? heißt sant Cyprianus den Bapst bruder ?
F. Warum nit, zu der zeyt seind alle Bischoff gleych gewesen wie
auch die Aposteln, und solt noch also sein. Dann in der kirchen Christi
sol ein vergleychung sein, und wir sollen uns all undereinander für
brüder erkennen. Darumb betten wir auch allzugleych »Vatter unser«. 5
Dann Christus sagt im Ewangelio: Ir solt keinen vatter nennen, dann einer
ist eüwer vatter, | der hymlisch [Mt 23,9]. |
K. Warumb heissen wir dann den bapst vatter und dartzu Aller-
heiligsten vatter66?
F. Warumb thun wir vil, das nit vonnöten ist? Er solt es uns, wann 10
wir das uß freyem willen thun wölten, nit gestatten, sunnder sich
demütigen. Aber er hat seinen stul über gottes stul geruckt und darumb
muß er Lucifer nachfallen67.
K. So fall er in aller teüfel namen, und der teüfel helff im darnach
widerumb auff. 15
F. Biß gedultig. Aber das ich wider an die vorige red komm, spricht
sanct Augustinus68: »Wölcher Probst, Prelat oder Bischoff also gesindt,
das er sich desselben ampts freüwet, sucht sein selbs eer und sicht allein
seinen eygen nutz an, der weidet sich und nit die schaff.«
K. Und alsdann thut er nit, wie ir gesagt, die Aposteln thun sollen, 20
die hat Christus geheissen, ir selbs vergessen und gar nichtes für sich
sorgen, sunder allen fleyß und gedancken uff das volck Christi legen
und keren, das es p mit gutter underweysung versehen werde.
F. Wie du hörest und wär noch vil zu sagen, wie sie leben und wie
sie das priesterlich ampt annemen und versorgen sollen. Als Christus 25
sagt Johan. am x. [1—3]: Fürwar, sag ich eüch, wer nit in schaffstal geet
durch die thür, sunder anderßwo hinynsteygt, der ist ein dieb und rauber, der aber
zu der thür hinyngat, ist ein hirt, und der thürhüter thut im uff, und seine schaff
vernemen sein stymm. Nun möchtest du fragen: Wölches ist aber die thür
des schaffstalles? Das sagt dir Christus am selbigen ort sprechend: 30
Fürwar, sag ich eüch, ich bin die thür der schaff [Jo 10,7]. Und bald darnach.
Ich bin die thür, wer durch mich yngeet, würt behalten und würt yn- und ußgeen,
und weid finden. Ein dieb kompt umb anders nichts willen, dann das er stele,
todtschlage und verderbe. Aber | ich bin kommen, das sie das leben haben, und
das sie das überflüssigklich haben. Ein gutter hirt gibt sein seel für seine schaff, 35
aber der taglöner und der nit ein hirt ist, des auch die schaff nit eygen seind, sicht
den wolff kommen, verlaßt die schaff und würt flüchtig, so reyßt und zerstreuwet
der wolff die schaff. Aber der taglöner fleücht hinweg, dann er ist ein taglöner,
p) er A.
66. Vgl. Luther, WA 6, 415 (An den christlichen Adel).
67. Vgl. Is 14,12ff.
68. De pastoribus in Ezechiel cap. XXXIV sermo XLVI; MSL 38, 271.
 
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