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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0036
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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549

Darumb so uns der Herre nun warlich in grosse not und gefahr füret, welchs wir auch
durch unsere so schwere sünde wol verdienet haben, so laßt uns alle von gantzem hert-
zen keren zu im, unserem Gott und vater, Mit war rewigem hertzen über alle unsere
sünden und grosse undanckbarkeit gegen76 den theuristen gnaden und gaben Gottes, die
er uns durch sein h. Evangelion hat mitgeteilet, Mit gentzlichem begeben77 under seine 5
gewaltige handt und vetterliche rüt; Und dabei auch mit wolgetroster Zuversicht uff
sein grundtlose barmhertzigkeit und das thewre blut unsers Herren Jesu. Laßt uns zu
im, unserem Gott und Herren, der uns durch dise rüt und heimsüchung0 wille zu sich
treiben und vetterlich züchtigen, nit verderben noch hinwerffen78, fliehen und flehen!
Laßt uns zu im rüffen von gantzem hertzen und durch den namen seines lieben Sons, 10
unsers einigen mitlers und versüners, umb Verzeihung aller unser sünden und undanck-
barkeit und umb milterung der wolverdienten straffen und umb erlosung seiner kir-
chen und herden von der hand aller listen und macht der widerchristen!
Und laßt uns dis thün täglich, besonders und in gemein, laßt uns, wie uns der Herr
durch seinen Propheten Joel79 vermanet, zu im bekeren von gantzem hertzen mit wei- 15
nen, mit klagen80! Laßt uns zerreissen nit unsere kleider, sonder unsere hertzen und uns
also gantzlich bekeren zu im, dem Herren unserem Gott! Denn er ist gnedig, barmhert-
zig, gedultig und von grosser gute und rewet ihn bald der straffen. Er wurt sich ja noch
wider- | B 3 b | umb erbarmen und nach seiner straffe gnad erzeigen zu dem speis- und
dranckopffer, daz ist: zu der war christlichen reformation, in rechter und gantzer wider- 10
uffrichtung und erhaltung der einigen waren religion seines waren diensts.
Laßt uns ja heiligen ein rechte ernste fasten, laßt uns der gemeinden züsammenrüffen,
das volck samlen und die gemeinde heiligen, samlen die eiteren, züsamenbringen die
kinder und seuglinge! Der breutgam gehe aus seiner kammer und die braut aus ihrem
gemach! laßt die priester und diener weinen, klagen und betten: Herr, schone deines 25
volcks und laß dein erbteil nit zuschanden werden, das die widerchristen über sie ber-
schen! Warumh wiltu lassen under den volckeren sagen: wa ist nun ihr Gott? wa ist ir
Christus81?
So wurt dann der Herre eifren umb sein land und seines volcks verschonen, und der
Herre würt antworten und sagen zu seinem volck: ich will euch alles güten genüg geben 30
und euch under den widerchristen nit mehr lassen zuschanden werden. Will eweren
o) heimsüchung.
76. Gegenüber (mit dat.), gegen (mit acc.).
77. Mit ganzer Hingabe (demütiger Unterwerfung); vgl. Götze, S. 2.3. Anklang an 1 Petr 5,6.
78. Wegwerfen, fallen lassen. Götze, S. 123.
79. Zu diesem und den folgenden Absätzen vgl. Joel 1; 2,12-21. Der Prophet Joel spielt in diesen
vom Schmalkaldischen Krieg überschatteten und dann vom Interim gezeichneten Jahren in B.s
Schrift eine besondere Rolle. Er gilt neben Jesaja als der klassische Heimsuchungsprophet, Deutero-
jesaja als die klassische Trostschrift. Vgl. dazu auch die Einleitung zum >Sendbrief< B.s von 1547,
diesen Bd., S. 83 f.
80. Vermanung zu war em auruffen zu Gott auß dem Propheten Joel i und ii [12L 15-21].
[Marg.J.
81. In Joel 2,17 ist »Heiden« von B. durch »Widerchristen« wiedergegeben. - »Wa ist ir Chri-
stus?« ist Zusatz B.s.
 
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