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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0041
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DER CXX. PSALM

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für die äugen stellen. Dann die pfeil, so ein starcker, krefftiger man, der den bogen wol
und zum eusseristen spannen kan, schiesset, umb so fil tieffer verwunden, in die sie
geschossen werden. Und so die pfeil dann auch scharff gespitzet sind, gond die abermal
so vil tieffer ein. Also brennen auch die weckholter gluende kolen umb der fette willen,
5 so dis holtz in sich hat, auch etwas hefftiger und behalten das fewr lenger under der
aschen dann andere kolen. Darumb wurdt mit diesen zweien gleichnüssen gar eigentlich
und ernstlich fürgemalet115, wie hefftig und erschrockenlich die falschen Zungen ver-
wunden und brennen.
Die gleichnus der pfeilen brauchet auch der lxiiii. psalm [3-5]: Verbirge mich vor der
10 samlung der bösen für den hauffen der übelthater, welche ihre Zungen scherffen wie ein
schwert, die mit iren gifftigen Worten zielen wie mit pfeilen, das sie heimlich schiessen
den frommen; plötzlich schiessen sie uff in on alle schewe.
Solche gifftige, fewrige und tieff verwundende und brennende pfeil geschwindig-
ster116, schädlichster lugen haben ir, seitdem euch der Herre mit seinem wort begnadet,
15 auch gar vil erlitten, wie auch der fromme Gottes Churfürst und Ertzbischove, unser
gnedigster Herre117, Von dem die gifftigen Zungen den höchsten potentaten haben
auffgeredt118, er verstehe sich nichs umb Gottes Sachen, er vergewalte119 die geistlichen,
understande120, die leut mit gewalt zu der religion zu tringen. Ein junger arger bischove
und feind Christi hat einmal in ewer Stat sagen dörffen: Ewer warer frommer Bischove
20 habe seine reformation fürgenommen, sich an seinen geistlichen zu | C 3 a | rechen, das
sie im ein Schätzung121 versagt hatten122, davon kein mensch je gehört. So hatt der
Bischovelich feind Christi von Vincester in Engelland123 dörffen bei grossen leuten
115. Ausgemalt, ausgedrückt. Lever 3, Sp. 586.
116. Listigster, gefährlichster. Götze, S. 104.
117. Hermann von Wied, Kurfürst und Erzbischof von Köln (1477-15 5 2). Zum ersten Mal wird
an dieser Stelle die Auslegung, die B. dem 120. Psalm gibt, konkretisiert (vgl. dazu Text, f. C 5 aff.).
Die Ereignisse der »Kölner Reformation« sind, wenn auch aus zeitlicher Nähe, so doch in der
Rückschau B. s dargestellt. Der Erzbischof hat zwar die Hoffnung auf ein Gelingen seiner Refor-
mationspläne noch nicht völlig aufgegeben, die Exkommunikation vom 16. 4. 1546 ist noch nicht
bekannt, aber selbst durch B. s Worte klingt Resignation. Diese ist verständlich, wenn man an die
infolge der Rückendeckung durch den Kaiser versteifte Haltung des Domkapitels und der Universi-
tät denkt. Vgl. Köhn, S. 6off.; C. Varrentrapp: Hermann von Wied. Leipzig 1878. S. 232.H.;
A. Franzen: Bischof und Reformation. Erzbischof Hermann von Wied in Köln vor der Entschei-
dung zwischen Reform und Reformation. In: Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter
der Glaubensspaltung 31. Münster 1971. S. 104ff.
118. Eingeredet.
119. Tyrannisiere, zwinge. Götze, S. 77.
120. Zwei Bedeutungen: 1. wage, unterstehe sich, 2. verhindere.
121. Geldabgabe, Steuer. Schmidt, Sp. 296.
122. Mit dem »jungen argen bischove« ist wahrscheinlich der Weihbischof Nopel gemeint. Vgl.
C. Varrentrapp, H. v. Wied, S. 119; Köhn, S. 40, Anm. 8.
123. Stephen Gardiner (1483-1555), seit 1531 Bischof von Winchester, trennte sich 1535 von
Rom, lehnte aber alle »Neuerungen« wie Abschaffung der Messe, Priesterehe usw. ab, ebenso auch
den Beitritt zum Schmalkaldischen Bund. Dadurch geriet er in Gegensatz zu B., der in seiner
>Gratulatio ad Ecclesiam Anglicanam< von 1548 (Bibi. Nr. 97) auf zwei »Lästerbriefe« (conviciatri-
ces Epistolae) antwortete, die Gardiner 1544 und 1545 an B. geschrieben hatte (vgl. Bibi. S. 79,
Nr. 4 und 5). B. nimmt hier auf sie Bezug. Vgl. Adam, S. 259!.
 
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